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Grußwort von Thomas Birkmeir

Liebes Publikum,

als ich 1964 in dieses Leben geboren wurde, konnte ich nicht ahnen, dass mir in Westeuropa ein Leben ohne Krieg oder Hunger bevorstehen würde, dass für mich, aus einfachen Verhältnissen kommend, wie selbstverständlich vielfältige Bildungsmöglichkeiten bereitgestellt würden, die es mir ermöglichten, mein Berufsziel frei zu wählen, dass umfassend für meine Gesundheit gesorgt und dass ich durch demokratische Wahlen die Gesellschaft mitgestalten können würde.
Erst spät erkannte ich, dass das, was ich für »selbstverständlich« hielt, nicht selbstverständlich ist – und dass es auch in Westeuropa dunkle Zeiten gab, die noch gar nicht so lange her waren, in denen Menschen ihr Leben riskierten, um die Werte Freiheit, Gleichheit, Mitmenschlichkeit und Demokratie durchzusetzen – und dass dies wohl ein immerwährender Kampf zu sein scheint.
Es gibt wohl wenige Generationen in der Menschheitsgeschichte, die mit den Umständen, in die sie geboren wurden, so viel Glück hatten, wie die meine.
Vermutlich hat mich diese Einsicht als junger Mensch, letztendlich dem Theater nahegebracht: Theater als Ort des öffentlichen Diskurses, der öffentlichen Gewahrwerdung von Zusammenhängen und der gemeinsamen Übereinkunft, dass es sich lohnt, für aufklärerische Konzepte wie Vernunft, individuelle Freiheit, Toleranz und Fortschritt einzutreten.
Bald reifte in mir der Gedanke, dass ich diese Werte vor allem den jüngsten Generationen mitgeben möchte, denn demokratisches und mitmenschliches Verhalten ist nicht angeboren, es muss erlernt und unterstützt werden. Von klein auf.
Ja, ich glaube, dass es Werte gibt, die unumstößlich sind, damit wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen – und für die wir stetig kämpfen müssen, damit auch unsere Kindeskinder ein gutes Leben haben. Nie schien mir diese Aufgabe, in jungen Menschen die Möglichkeit zu Widerstandsgeist, Solidarität und kritischem Denken zu stärken – mit der Kraft des Theaters – wichtiger zu sein als in heutigen Tagen.
Denn eine neue Intoleranz, Populismus und Hass bedrohen die Fundamente demokratischer Systeme. Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen und Minderheiten untergräbt zentrale demokratische Werte wie Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung. Populismus und Fake News verzerren die öffentliche Meinung und erschweren faktenbasierte Entscheidungsfindung, was das Vertrauen in politische Institutionen schwächt. Hass und Polarisierung fördern die Radikalisierung und gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Demokratische Systeme müssen sich diesen Herausforderungen stellen, indem sie ihre Grundwerte verteidigen, politische Bildung fördern und die Resilienz der Gesellschaft stärken, ohne selbst intolerant zu werden.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen – daran glaube ich fest – ist das Theater. Auch schon für die Jüngsten.

Deshalb möchten wir Sie und Ihre Familie herzlich einladen, mit Ihren Jüngsten auf die Reise nach Berlin zu gehen, mit »Emil und die Detektive« mitzuerleben, wie Solidarität, Mut und kämpferischer Einsatz Gerechtigkeit wieder herstellen kann.
Oder verfolgen Sie mit Ihren Kindern in »Heidi«, wie diese sich, in ein fremdes Land verpflanzt, mit gesellschaftlicher Intoleranz auseinandersetzt – und am Ende siegt! Wie »Miranda im Spiegelland« erkennen muss, dass selbstbezogener Individualismus letztlich einsam und verschroben macht und nur die Kraft des Teamgeists ganze Systeme sprengen kann, oder wie in »Die sieben Wünsche«, Vernunft über Willkür siegt. Die große Theaterreise unseres einzigartigen ABO-Systems wird Sie auch heuer wieder in viele andere Häuser der Stadt Wien entführen – getreu unserem – vom Gedanken der Demokratie getragenen Motto:

VIELFALT IST TRUMPF!

Versäumen Sie daher auch nicht, wie in unserer Eigenproduktion »Funken« Jugendliche – auf sehr humorvolle Weise – gegen einen autokratischen, allmächtigen Großkonzern kämpfen, oder wie in »Mitten im Gesicht« – mit den Mitteln des Musicals – sowohl das Diktat der Schönheitsindustrie ausgehebelt als auch purer Opportunismus bloßgestellt wird.
Nicht zuletzt beleuchten Sie mit uns die Auswüchse des österreichischen Schulsystems in einem Wiener Eliteinternat in »Echtzeitalter«, durch die der Grundstock für undemokratisches Verhalten gelegt wird.
Oder begeben Sie sich mit »Mythos: Ragnarök« auf eine äußerst kurzweilige Reise zu den politischen Intrigen und Machtkämpfen der skandinavischen Götterwelt, komödiantisch dargestellt von einer Wrestling-Gruppe aus Großbritannien – das Theaterereignis des letzten Jahres auf dieser theaterfreudigen Insel – als Gastspiel im Theater der Jugend!
Wir haben also auch in dieser neuen Saison 2024/25 viel zu bieten, um unterhaltsam die Gedanken zu schärfen, durch Gelächter die Tyrannen bloßzustellen, durch Gemeinschaftssinn und kritisches Denken Unüberwindliches zu überwinden – und all unsere Sinne zu entwickeln und zu kultivieren, damit uns etwas nicht leichtfertig abhandenkommt: unsere Freiheit in unserer Demokratie.

Ihr Team des Theaters der Jugend und Thomas Birkmeir