Sprungnavigation:
  • Ein himmlischer Platz Ein himmlischer Platz
 

2012/2013

Ein himmlischer Platz 6 +

von Guus Kuijer
in der Bearbeitung von Thomas Birkmeir


Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 05. Oktober 2012 - 17. November 2012
Premiere: 05. Oktober 2012
Dauer: 01:45
Regie: Thomas Birkmeir

»Katja ist gut im Lieben, dachte Florian.
Ich bin gut im Vermissen.
Er fragt sich, ob das Leben wirklich so schön war,
wie die Erwachsenen behaupteten.«

Guus Kuijer. Ein himmlischer Platz

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein leibhaftiger Spatz sich den Kopf eines neunjährigen Jungen als Lande- und Verschnaufplatz aussucht! – Doch Florians Kopf ist scheinbar etwas Besonderes… Denn darin überstürzen sich tausende von Gedanken, liegen in Streit miteinander oder malen sich die seltsamsten Abenteuer aus. Wo also könnte ein einsamer Spatz einen interessanteren Ort finden?
Florian beschließt, dem Spatz auf seinem Kopf den Namen Nico zu geben und beginnt sich mehr und mehr mit der Tatsache abzufinden, dass er wohl »einen Vogel hat«. Doch kaum hat er sich an seinen geflügelten »Kopfbewohner« gewöhnt, verschwindet dieser auf seltsame Weise…
Gemeinsam mit seiner Freundin Katja macht Florian sich auf die Suche, wenn auch nicht ganz freiwillig, denn Katja hat beschlossen, dass Florian von nun an ihr »Schatz« ist, und ein wenig mulmig ist Florian schon bei dem Gedanken, dass ein Mädchen aus der Fünften plötzlich auf ihn »steht«. Aber vier Augen sehen mehr als zwei – und außerdem weiß Florian ja gar nicht, wie »Schluss machen« geht…
Die aufregende Expedition »Findet Nico« beginnt, und schon bald stoßen die beiden auf den geheimnisvollen Herrn Raaphorst. Dieser ist schon sehr alt – und obwohl er Wörter gebraucht, die sowohl Florian als auch Katja kennen, verdreht Herr Raaphorst sie so kunstvoll, dass der Sinn dieser Wörter verloren geht. Ist Herr Raaphorst ein Zauberer? Oder hat er nur Löcher in seinem Gehirn? Und wer ist der Sohn, mit dem er Florian andauernd verwechselt? Können die beiden Herrn Raaphorst helfen, sein Leben wieder in eine Ordnung zu bringen? Der Niederländer Guus Kuijer, gerade mit dem höchst dotierten Preis für Kinder- und Jugendliteratur, dem berühmten Astrid-Lindgren-Preis, geehrt, hat diese rührende Geschichte um die »Eroberung der Wirklichkeit« geschrieben. Seine Texte zeichnen sich durch eine feinsinnige Beobachtungsgabe und viel Humor aus, mit denen er versucht, die Weltwahrnehmung von Kindern und Jugendlichen auch uns Erwachsenen zu erschließen.

Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Weitendorf, Hamburg

Besetzung

Florian Stefan Rosenthal
Katja Felicitas Franz
Jelle, Florians Vater / Katjas Vater Uwe Achilles
Petrus Raaphorst, ein alter Mann Horst Eder
Mieke, Florians Mutter / Katjas Mutter / Petronella Haring (Lehrerin) Anja Lechle
Wim / Ariel Christian Graf
Dolf, Schulkamerad Julian Schneider
In weiteren Rollen Ensemble
Regie Thomas Birkmeir
Bühnenbild Andreas Lungenschmid
Kostüme Jessica Karge
Licht Lukas Kaltenbäck
Dramaturgie Markus Felkel
Assistenz und Inspizienz Nina Baak
Hospitanz Adrian Bidron

Kritiken

Die Presse – 09.10.2012

Theater der Jugend: Das Mädchen hat die Hosen an - Thomas Birkmeir inszenierte im Renaissancetheater „Ein himmlischer Platz“ von Guus Kuijer über Pubertät und Alzheimer: berührend und mit einem guten Ensemble. Vor allem Felicitas Franz erregt Heiterkeit.

Wie funktioniert das Gehirn? Was ist Erinnerung? Solche Fragen beschäftigen Florian. Doch ständig wird er beim Denken und Lesen gestört. Ein Vogel landet auf seinem Kopf. Die wilde Katja will mit Florian „gehen“. Sie erklärt ihm ihre Liebe und küsst ihn gar aufs Ohr, worauf der flotte Dolf mit dem Skateboard, der ebenfalls auf Katja steht, Florian terrorisiert. Daheim streiten Florians Eltern über die Verbesserung der Welt, ihren Sohn nehmen sie nicht ernst. Und dann taucht auch noch Petrus Raaphorst auf, der seltsame Ideen hat: Er möchte mit einer Gabel die Haustür aufsperren, dann packt er die Koffer und will mit seiner toten Frau auf Weltreise gehen . . .

Der Niederländer Guus Kuijer (70), der die kleine Poetin Polleke erfand, die sich nach „herzensgütigen“ Verhältnissen sehnt, erhielt heuer den Astrid-Lindgren-Preis, den „Nobelpreis“ für Kinderliteratur. In „Ein himmlischer Platz“ verbindet Kuijer, der früher Lehrer war, sehr unterschiedliche Erscheinungen, die Verwirrung im Gehirn verursachen: Pubertät und Alzheimer. Thomas Birkmeir schrieb die szenische Fassung des Romans und inszenierte sie im Renaissancetheater, geradlinig, minimalistisch, ergreifend und mit einem guten Ensemble. Vor allem Felicitas Franz als burschikose Katja erregt Heiterkeit, wenn sie dem verträumten Florian (Stefan Rosenthal) – mit oranger Clown-Perücke und Streifenpulli – allerlei Liebesangebote unterbreitet und ihn sogar gegen den gemeinen Dolf (Julian Schneider) verteidigt. Das Mädchen hat die Hosen an.

Humane, aber irreale Botschaft

Horst Eder gibt den verwirrten alten Mann, der übrigens im Original eine Frau ist. Eder balanciert den Senior klug aus zwischen Wunderlichkeit und Krankheit; man sieht einen sturen Individualisten, der die Welt vergisst, weil sie ihn vergessen hat. Christian Graf als Luftgeist Ariel ist Florians Mentor und innere Stimme. Die beste Pädagogik ist wohl jene, die „Lerninhalte“ in Geschichten verpackt. Ob die Freundschaft zwischen Jungen und Alten im Krisenfall so innig wäre, wie hier dargestellt, ist zwar fraglich, aber die Perspektive muntert immerhin auf. Besonders schön ist das Bühnenbild von Andreas Lungenschmied, in dessen raschen, fast flimmernden Bildwechseln man flüchtig-flutende Gehirnströme erkennen mag.

Barbara Petsch


Kurier – 09.10.2012

Der Schlüssel liegt im Kühlschrank - Guus Kuijers „Ein himmlischer Platz“ im Theater der Jugend

Es ist ein komischer Kauz, den Florian da kennengelernt hat: Er hat nur einen Schuh an, bewahrt die Teebeutel im Socken auf, bezeichnet den Schlüssel als Gabel und bewahrt ebendiesen (den Schlüssel) im Kühlschrank auf. Herr Raaphorst ist alt und leidet an Demenz. Soll heißen: Er vergisst die einfachsten Dinge.
Skurrile Gestalten bevölkern den „Himmlischen Platz“, den der niederländische Schriftsteller in seinem Buch so trefflich beschrieben hat: der pubertierende Florian, auf dessen Lockenkopf sich ein Spatz eingenistet hat. Die wilde Katja, ein Mädchen aus der fünften Klasse, das sich vor gar nichts fürchtet. Florians zänkische Bobo-Eltern, seine leicht neurotische Lehrerin und eben Herr Raaphorst.
Der Chef des Theaters der Jugend, Thomas Birkmeir, hat das Stück in Szene gesetzt und es ist gut gelungen: Mit zärtlicher Geste, niemals auch nur einen Funken von Lächerlichkeit aufkeimen lassend, nähert sich Birkmeir dem vergesslichen Alten an. Horst Eder spielt den Herrn Raaphorst mit jeder Faser seines Körpers: Er ist komisch, berührend, liebenswert, würdevoll.
Ein Thema wie Altersdemenz für sechsjährige Kinder so aufzuarbeiten, dass sie nicht traurig und ratlos, sondern mit einem Lächeln aus dem Theater gehen, ist nicht leicht. Hier wirkt es ganz mühelos.

Susanne Lintl


Der Standard – 12.10.2012

Erste Liebe und Alzheimer - "Ein himmlischer Platz" nach dem Buch von Guus Kuijer

Florian hat einen Vogel. Ganz selbstverständlich hat es sich dieser auf dem Kopf des Schülers bequem gemacht. Dabei hat Florian (Stefan Rosenthal) schon genug Probleme: Seine Eltern sind dem Hochbegabten einfach nicht ernst genug, und die forsche Katja (Felicitas Franz) will unbedingt, dass "Florri" sie küsst. Kein Wunder also, dass es in dem introvertierten Buben drunter und drüber geht.
Ein himmlischer Platz, von Thomas Birkmeir im Theater der Jugend nach dem Buch von Guus Kuijer inszeniert, erzählt aber nicht nur von den Verwirrungen eines Zöglings. Sein Vogel führt Florian zu Petrus Raaphorst (Horst Eder), einem alten Mann, der seltsame Dinge tut. Seinen Schlüssel bezeichnet er zum Beispiel als Gabel, und seine Teebeutel bewahrt er in einem Strumpf auf. Herr Raaphorst hat Alzheimer, Florian und Katja beschließen, dem Einsamen zu helfen.
Kuijer, der heuer mit dem Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis ausgezeichnet wurde, hat einiges in sein Alltagsmärchen gepackt. Für die jüngsten Besucher ist das ein wenig viel des Guten, doch auch sie kommen bei der luftigen und berührenden Inszenierung auf ihre Kosten. Birkmeirs Ass im Ärmel ist der Geist Ariel (Christian Graf), der durch das magische Spiel führt.
Mit einem Fingerschnippen verwandelt er die Szenerie immer wieder aufs Neue (schlichte Bühne: Andreas Lungenschmid) - und einen Regenwurm verspeist er auch. Urgrindig! Ab sechs Jahren.

Dorian Waller


KiKu – 05.10.2012

Wenn zwei EINEN Vogel haben - Berührender, wunderbarer, starker Auftakt für die Jubiläumssaison des Theaters der Jugend mit "Ein himmlischer Platz“

Mit dem vielleicht besten Stück der vergangenen Jahre eröffnete das Theater der Jugend in seinem großen Haus, dem Renaissancetheater in der Wiener Neubaugasse seine Jubiläumssaison, die 80. Alter spielt in „Ein himmlischer Platz" auch eine zentrale Rolle. Da ist der alte Petrus Raaphorst. Er ist dement. Sagt zum Schlüssel Gabel, verwechselt auch sonst einiges und hat zur Gedächtnisstütze Zettel wie Tisch, Sessel, Eiskasten usw. auf den entsprechenden Gegenständen in seiner Wohnung stehen. Horst Eder, der seit 40 Jahren am Theater der Jugend arbeitet, spielt diesen Alten äußerst liebevoll und glaubhaft. Nie legt er ihn auch nur ansatzweise so an, dass über ihn – jedoch gar nicht wenig mit ihm - gelacht wird.

Was Besonderes

Den Alten verbindet mit einem ganz Jungen, dem Schüler Florian (Stefan Rosenthal) ein Vogel. Ein Spatz, der auf Florians Kopf landet, steht am Beginn des Stücks. Erst hat er Angst, nicht ernst genommen zu werden, wo er doch eine wissenschaftliche Karriere anstrebt. Doch dann sieht er darin die Chance, schon in jungen Jahren dadurch als etwas Besonderes in die Geschichte einzugehen. Er gibt de Vogel einen Namen (Nico). Und dann ist der plötzlich weg...

... zurückgeflogen...

... zu Raaphorst, den er kennen, schätzen und gern haben lernt – gemeinsam mit der coolen Katja (Felicitas Franz). Die ist stark, offen, direkt und initiativ. Sie gibt den Anstoß zu so mancher Aktion. Und sie fragt „Flori" wie sie ihn nennt, unverblümt, ob er mit ihr gehen wolle, weil sie genau seine andere, nachdenklichere, leisere Art mehr mag als die angeberische von Dolfi, dem „coolen" Skater.

Drei Persönlichkeiten

Alle drei verbindet so manches: Jeweils eine eigene Persönlichkeit, die sie so manche überkommenen Regeln und Normen in Frage stellen lässt und in gewisser Weise auch zu Außenseiter_innen macht.

Leichtfüßig, doch nie seicht

Ein durchaus „schweres" Thema wie Demenz alter Menschen, aber auch die Pflege solcher durch Kinder und Jugendliche wird hier sehr, sehr berührend, nie aber bedrückend, sogar mit viel Witz und Humor, beinahe leichtfüßig und dennoch mit Tiefgang, nie auch nur ansatzweise oberflächlich auf die Bühne gebracht. Ein großartiges Stück in einer tollen Inszenierung und Ensemble- trotz herausragender Einzelleistung(en).

Heinz Wagner


Kronenzeitung – 08.10.2012

Theater der Jugend: „Ein himmlischer Platz“ - österreichische Erstaufführung von Guus Kuijer - „Alzheimer“ zum Schmunzeln

Nun startet auch das Theater der Jugend mit vollem Elan und einer österreichischen Erstaufführung in seine neue Spielzeit. Es präsentiert „Ein himmlischer Platz“ des Niederländers Guus Kuijer in der Fassung des Intendanten Thomas Birkmeir.

Der vielfach ausgezeichnete Guus Kuijer hat eine Geschichte geschrieben, die es so wahrscheinlich noch nicht gegeben hat. Er thematisiert eine der schrecklichen Krankheiten, mit denen sich Kinder konfrontiert sehen, ohne dass die Erwachsenen ihnen erklären, was eigentlich passiert: Alzheimer und der schwierige Umgang mit den betroffenen alten Menschen wird hier aus der Sicht eines Zehnjährigen dargestellt.
Eigentlich ist es ein gewöhnlicher Tag, bis sich ein kleiner Spatz auf seinen Kopf setzt. Da erklärt ihm Katja plötzlich, dass sie in ihn verliebt ist. Und dann lernt er den alten Herrn Raaphorst kennen, der zu seinem Haustorschlüssel „Gabel“ sagt. Er beschließt mit Katja, dem alten Mann zu helfen. Ziemlich viel für einen gewöhnlichen Tag...
Regisseur Thomas Birkmeir und Bühnenbildner Andreas Lungenschmid entführen ohne viel Aufwand das junge Publikum in eine „Gefühls- und Gedankenwelt“. Großartige Unterstützung findet er bei seinem fabelhaften Ensemble. Allen voran Christian Graf als Ariel und Wim. Man hängt an seiner Mimik, Gestik und deutlichen Aussprache. Solide Stefan Rosenthal als Florian, zu leise, zurückgenommen Felicitas Franz als Katja. Überzeugend Horst Eder als Raaphorst.
Ein gescheites Theaterstück zum Schmunzeln.

Florian Krenstetter


Materialien

Unsere theaterpädagogischen Materialien zu "Ein himmlischer Platz" bieten Ihnen Informationen, Fragebögen, Spiele und Szenenvorschläge! So können Sie die besuchte Aufführung mit Ihrem Kind oder Ihrer Klasse auf phantasievolle Weise vor- und nachbereiten. Schicken Sie uns eine E-Mail an [YjY0dGFnOnRoZXJlc2Euc3RvcmNoQHRkai5hdA==] und Sie bekommen die Materialien umgehend zugesandt.