2007/2008
Löcher – Die Geheimnisse von Green Lake 6 +
von Louis Sachar
aus dem Amerikanischen von Gerald Maria Bauer
Europäische Erstaufführung
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 01. April 2008 - 07. Mai 2008 |
Premiere: | 03. April 2008 |
Regie: | Gerald Maria Bauer |
»Jeder von euch ist auf seine Art und Weise etwas Besonderes.«
»›Na, wie ist es, Zero?‹, fragte Mr. Pendanski. ›Was tust du gern?‹ ›Ich grabe gern Löcher.‹«
Louis Sachar. Löcher – Die Geheimnisse von Green Lake
Stanley Yelnats wundert sich schon längst nicht mehr, dass in seinem Leben so gar nichts nach Plan läuft. – Denn, so erzählt man sich, auf seiner Familie lastet ein geheimnisvoller Fluch, den sich sein Ururgroßvater vor hundert Jahren zugezogen hat.
Was Wunder also, dass eines schönen Tages ein Paar Turnschuhe ausgerechnet auf seinem Kopf landet? Als Stanley allerdings unschuldigerweise verdächtigt wird, die Schuhe geklaut zu haben und zur Strafe dafür in ein Jugendcamp mitten in Texas abkommandiert wird, ist das Maß voll, und irgendwann platzt auch einem eingefleischten Pechvogel der Kragen: Er muss den verflixten Fluch brechen!
Denn das Schönste an Camp Green Lake ist der romantische Name: Der einstige See ist längst ausgetrocknet, und die Jungs müssen unter Anleitung der perfiden Aufseherin, die sich »Der Boss« nennen lässt, jeden Tag in sengender Hitze ein Loch buddeln, das so tief und so breit ist wie ihre Schaufel. Und je länger Stanley im Camp ist, desto mehr vermutet er, dass es beim Graben nicht um Charakterbildung geht, sondern dass irgendwo in der Wüste ein Schatz vergraben ist, den sie finden sollen.
Von nun an entspinnt sich eine skurrilwitzige Geschichte um Freundschaft und Zivilcourage, in der russische Wahrsagerinnen, lettische Großbauern und eine heiratswütige Tochter ebenso vorkommen wie eine Revolverheldin, die sich auf ganz eigene Art gegen die Ungerechtigkeiten der Gesellschaft wehrt.
Nach »Bradley – letzte Reihe, letzter Platz« ist Louis Sachars wohl berühmtestes und vielfach ausgezeichnetes Buch nun erstmals in Europa auf der Bühne zu sehen.
Aufführungsrechte: Kaiser Verlag, Wien
Besetzung
Stanley Yelnats | Matthias Mamedof |
X-Ray | Markus Schöttl |
Deo | Rafael Schuchter |
Magnet | Felix Alexander Rank |
Zero | Dennis Cubic |
Stanleys Vater / Elya Yelnats / Mr. Collingwood | Simon Jaritz |
Mr. Sir | Uwe Achilles |
Mr. Pendanski / Trout Walker | Paul König |
Boss / Madame Zeroni / Mrs. Collingwood | Pilar Aguilera |
Sheriff / Richter / Igor Barkov | Peter Steiner |
Kate Barlow / Stanleys Mutter / Myra Menke | Silvia Meisterle |
Sam / Clyde Livingstone | David Wurawa |
Stanleys Großvater / Myras Vater | Horst Eder |
Erster Polizist | Rafael Schuchter |
Zweiter Polizist | Felix Alexander Rank |
Dorfbewohner von Camp Green Lake | Horst Eder, Felix Alexander Rank, Markus Schöttl, Rafael Schuchter |
Regie | Gerald Maria Bauer |
Ausstattung und Licht | Friedrich Eggert |
Musik | Klaus Erharter |
Bewegungscoach | Josef J. Borbely |
Dramaturgie | Marlene Schneider |
Dramaturgieassistenz | Matthias Göttfert |
Assistenz und Inspizienz | Sebastian Hellinger |
Regiehospitanz | Manuel Czerny |
Kritiken
Wiener Zeitung – 10.04.2008Mutige Beschützer
Ein richtiger Schüchti ist er und ein Pechvogel noch dazu: Da kommen zum Beispiel ein paar teure Turnschuhe vor seine Füße zu liegen. Er nimmt sie nur in die Hand – schon ist die Polizei zur Stelle, bezichtigt ihn fälschlich des Diebstahls und steckt ihn in ein Erziehungsheim.
»Löcher – Die Geheimnisse von Green Lake« von Louis Sacher hat Gerald Maria Bauer aus dem Amerikanischen übertragen und mit allen Finessen für das Theater der Jugend inszeniert. Bunt erzählt er die schwülstige Geschichte, die im Kopf des ängstlichen Stanley (hinreißend: Matthias Mamedof) herumspukt, berührend die tragische Liebe zwischen Kate und Sam (ausgezeichnet: Silvia Meisterle und David Wurawa), minutiös die Mechanismen falscher Erziehungsmethoden. Bis ins Detail ausgelotet ist die Körpersprache der Burschen im Camp, ebenso die Wandlung Stanleys, als er zum mutigen Beschützer des Außenseiters Zero (hervorragend: Dennis Cubic) wird. Bauer versteht es, vom Leben zu erzählen und der Kraft zur Verantwortung. Die Ausstattung von Friedrich Eggert und Musik von Klaus Erharter unterstützen ihn dabei bestens.
Lona Chernel
Kurier – 08.04.2008
Schlimme Jungs im gottverlassenen Camp
Ein Paar Turnschuhe fiel ihm vor die Füße. Und Stanley beging den Fehler sie aufzuheben. Dann kam die Polizei und verhaftete ihn, weil natürlich jeder dachte, er hätte die Schuhe geklaut. Nun sitzt Stanley Yelnats in Camp Green Lake, einem affenheißen, gottverlassenen Jugendcamp mitten in Texas, und gräbt Löcher.
»Löcher« ist die zweite Adaption eines Bestsellerromans von Louis Sachar im Theater der Jugend. Gerald Maria Bauer setzt die Story um Gier, neue Freund- und alte Feindschaften schwungvoll um. Matthias Mamedof, Uwe Achilles als ekelhafter Camp-Aufseher Mr. Sir und Pilar Aguilera als Boss bzw. Madame Zeroni sind bewährte Profis. Markus Schöttl, Rafael Schuchter, Felix Alexander Rank und Dennis Cubic als Zero spielen mit Hingabe die schlimmen Jungs. Ein netter Einfall sind die ans Programmheft gehefteten Gummieidechsen, die jeder junge Besucher haben will. Ein taktisches Hole-in-one, sozusagen.
S. Lintl
OÖNachrichten – 07.04.2008
Graben stärkt Charakter
6 von 6 Sternen
Nach der Romanvorlage »Löcher – die Geheimnisse von Green Lake« des Amerikaners Louis Sachar und dem Kinofilm mit Sigourney Weaver bringt der Niederösterreicher Gerald Maria Bauer die Geschichte als Theaterstück auf die Bühne des Wiener Renaissancetheaters.
Eigentlich wundert sich Stanley Yelnats (Matthias Mamedof) nicht mehr, dass er im Leben nur Pech hat. Ein uralter Fluch soll seit 100 Jahren auf seiner Familie lasten. Auch als ihm eines Tages ein paar Turnschuhe auf den Kopf fallen, ist Stanley wieder einmal zur falschen Zeit am falschen Ort. Er wird beschuldigt, die Schuhe gestohlen zu haben, und in ein Erziehungscamp nach Green Lake in Texas geschickt.
Gemeinsam mit anderen Jugendlichen hat er eine einzige Aufgabe: In der brennend heißen Wüste Löcher zu graben, weil »Schaufeln den Charakter stärkt«, wie der Aufseher Mr. Sir (grandios: Uwe Achilles) argumentiert. »Irgendwie schaufle ich hier mein eigenes Grab«, stellt Stanley daraufhin lakonisch fest.
Unter Bauers Regie tauchen die Zuseher in die flott erzählte und faszinierende Geschichte von Stanley und den geheimnisvollen Löchern ein. Geschickt und unkompliziert werden Rückblicke und parallele Erzählstränge in die Handlung eingeflochten. Unterstützend wirkt hier das phantasievoll ausgeklügelte und liebevoll dekorierte Bühnenbild.
Die Probleme und Abenteuer, denen sich Stanley und seine Freunde (Markus Schöttl, Rafael Schuchter, Felix Alexander Rank und Dennis Cubic) stellen müssen, sind altersgemäß aufbereitet, ohne ihre Aussagekraft zu schmälern. Freundschaft, Zivilcourage und auch Rassismus werden thematisiert, wobei das Stück gekonnt immer ein Bein in der eskapistischen und eins in der realen Welt hat. »Löcher – die Geheimnisse von Green Lake« zieht Kinder und Jugendliche als Gesamtwerk in seinen Bann.
Klein&Kunst Onlein – 05.04.2008
Zum Bootcamp Green Lake, stationiert im Theater der Jugend, begab sich Klein&Kunst-Redactrice Sylvie Wasshuber samt Sohnemann am 3. April 2008, um einer spannenden Bühnenversion des Jugendromans »Löcher« von Louis Sachar beizuwohnen.
Fast schon einen Kinder-Gassenhauer hat das Theater der Jugend auf die Bühne gebracht – gibt es neben dem Theaterstück und dem mehrfach ausgezeichneten Buch auch einen Film aus dem Hause Walt Disney. Das Material ist daher vielen Kids bekannt – was der Spannung bei der Theaterfassung keinerlei Abbruch tut. Allein das parallele Erzählen mittels raffinierter Bühnentechnik – hier die raue Gegenwart im Jugend-Zwangslager, dort diverse Episoden auch aus der Vorgeschichte – sorgen für manch neuen Blickwinkel.
Großartige Regie von Gerald Maria Bauer, sehr rollengetreue Darsteller – besonders die Burschen. Empfohlen ab 6 Jahren – hat aber auch (oder gerade?) einen 13-Jährigen gefesselt. Vielleicht deshalb, weil auch die Buchvorlage eher als Jugend- denn als Kinderroman gilt …
Sylvie Wasshuber