2005/2006
Die letzte Show 13 +
Schauspiel mit Musik von Lutz Hübner und Sarah Nemitz
Musik von Marc Schäfers und Tobias Philippen
Uraufführung mit Schauspielhaus Düsseldorf und schauspielhannover
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 10. Januar 2006 - 02. Februar 2006 |
Premiere: | 12. Januar 2006 |
Regie: | Erhard Pauer |
»Zu jung zum Abhauen, zu spät, um anzukommen, zu früh gefeuert und zu spät gegangen. Aber es war immer der richtige Zeitpunkt.«
(Lutz Hübner. Die letzte Show)»Besser man will nicht, was man nicht darf. So ist das Leben.«
(Rebekka, 3 Jahre)
Emilia ist sechzehn, im besten Alter für Träume, so möchte man meinen. Und dennoch scheinen viele Sehnsüchte bereits von der knallharten Realität beerdigt. Wer es zu was bringen will, muss wissen, was er will. Aussehen ist genauso wichtig wie Ausbildung, und wer nicht das Zeugnis der besten Schule am Platz in der Tasche hat, kann sich das Porto für spätere Bewerbungen bereits jetzt sparen. Emilia legt wenig Wert auf Überraschungen im Leben.
Als sie allerdings erfährt, dass ihre unangepasste Tante Ada, die sie kaum kannte, ausgerechnet sie zur Alleinerbin auserkoren hat, geraten viele »Wahrheiten« ins Schwanken. Denn als Emilia allein in Adas Berliner Wohnung das Erbe sichtet und entrümpelt, kommt es zu einer merkwürdigen Begegnung: Mehr lebendig als tot steht plötzlich Ada im Zimmer, mit einer Menge Fragen an ihre Nichte. Wer das Leben mit zu viel Lebensplanung verbringt, könnte eines Tages sein Leben verpasst haben, und Ada weiß, wovon sie spricht. Gestalten aus Emilias Leben tauchen auf, und Ada lässt die Puppen tanzen: Michi, den ehrgeizigen Freund, der eigentlich nur ein »Wochenendmädchen» sucht, die Lehrer, die jederzeit auf ihre Vorzeigeschülerin zählen, und auch mit der Mutter, Adas Schwester, sind noch einige Rechnungen offen. Für die extrovertierte Ada selbst wird die fiktive Begegnung mit einer Sechzehnjährigen zur ultimativ letzten Show auf dieser Welt.
Nach dem großen Erfolg des Stückes »Das Herz eines Boxers« in der vergangenen Saison präsentiert das Theater der Jugend gemeinsam mit dem Schauspiel Hannover und dem Düsseldorfer Schauspielhaus nun eine Uraufführung des Erfolgsdramatikers Lutz Hübner.
Aufführungsrechte: Hartmann & Stauffacher Theaterverlag, Köln
Besetzung
Emilia | Krista Pauer |
Ada, Tante von Emilia | Viktoria Schubert |
Rike, Mutter von Emilia | Katharina Dorian |
Michi, Freund von Emilia | Georg Leskovich |
Florian, Nachbar von Ada | Uwe Achilles |
Jürgen Kowalski, Lehrer | Andreas Kammerzelt |
Diddi, Pizzabote | Stefano Bernardin |
Jury | Uwe Achilles, Matthias Mamedof, Thomas Karner, Peter Steiner |
Manager | Peter Steiner |
Reisegruppe, Reiseleiter, Ärzte, Wohngemeinschaft, Ausbildner, Tod etc. | Uwe Achilles, Stefano Bernardin, Katharina Dorian, Andreas Kammerzelt, Thomas Karner, Georg Leskovich, Matthias Mamedof, Herbert Pendl, Birgit Riegler, Peter Steiner, Anna Veit |
Musiker | Lior Kretzer |
Regie | Erhard Pauer |
Bühne und Licht | Andreas Lungenschmid |
Kostüme | Polly Matthies |
Musikalische Leitung | Lior Kretzer |
Choreographie | Marcus Tesch |
Dramaturgie | Gisa Fellerer |
Assistenz und Inspizienz | Michael Schachermaier |
Hospitanz | Clemens Pötsch, Pia-Maria Pemmer |
Kritiken
Wiener Zeitung – 14.01.2006Der Traum vom guten Leben
Eine verhuschte Achtzehnjährige kommt in eine andere Stadt, um die Wohnung ihrer tödlich verunglückten Tante aufzulösen.
Allerdings hat Emilia wenig Zeit, sie steht knapp vor der Matura und möchte diese mit Auszeichnung bestehen. Leistung ist alles, hört sie jeden Tag, danach richtet sie sich. Als sie in Tante Adas ehemaliger Bleibe einschläft, erscheint ihr die Verstorbene, um Abschied zu nehmen. Dieser Traum ändert für Emilia alles: In der Nähe des Todes begreift sie erstmals, was es heißt zu leben.
Erhard Pauer hat im Renaissancetheater die Uraufführung von Lutz Hübners »Die letzte Show« (Musik: Marc Schäfers und Tobias Philippen) rasant und doch sehr einfühlsam inszeniert.
Schräger Humor, Fröhlichkeit, Zärtlichkeit, Liebe bestimmen das Geschehen, das freudige Miteinander steht über Konkurrenz- und Karrieredenken.
Bestens unterstützt wurde Pauer von Andreas Lungenschmid (Bühne und Licht), Lior Kretzer (musikalische Leitung), Polly Matthies (Kostüme) und Marcus Tesch (Choreographie). Und von einem präsenten, sensiblen, temperamentvollen Darstellerteam, allen voran Krista Pauer (Emilia), Viktoria Schubert (Ada), Katharina Dorian (Mutter) und Stefano Bernardin (Pizzabote). Ein minutiös erarbeiteter Theaterabend, der in faszinierender Weise die Botschaft vermittelt, dass Arbeit doch nicht alles sein kann.
Lona Chernel
Kronen Zeitung – 14.01.2006
Rotwein, Boys und Rock'n'Roll!
Träume müssen nicht immer nur Schäume sein! Das beweist Lutz Hübner mit seinem neuen, amüsanten Stück mit Musik »Die letzte Show«, das Junge ebenso amüsiert wie Mittvierziger. Die Uraufführungsversion für das Theater der Jugend im Renaissancetheater bietet noch dazu einen echten Glücksfall: Viktoria Schubert!
»Mit siebzehn hat man noch Träume« frohlockte einst eine deutsche Schnulze! Lutz Hübners Emilia, kaum 18 Jahre alte Maturantin, hat sie schon lange nicht mehr, ist bereits ausgebrannt und leidet unter dem Erfolgsdruck von Eltern, Lehrern und Umwelt.
Hinzu kommt Angst. Aber weil Hübner theatralisch denkt, ändern sich bald diese Zeichen der prestigesüchtigen Zeit ohne Lebensqualitäten: Er (und manche seiner Figuren) widerstehen der Wirklichkeit mit Phantasie. Eine tote und doch wieder sehr lebendige, seltsame Tante Ada taucht in ihrer leeren Wohnung auf – und öffnet der Erbin, Nichte Emilia, die Augen: Leben als »Wochenendmädchen« für Freund Michi oder Kumpanin für den Pizzaboten Diddi?
Hübners Text hat Witz und Pointen, entlarvt Alt wie Jung. Marc Schäfers und Tobias Philippens Musik dazu hat Schwung, persifliert glitzernde Popmusik-Kultur, Musical-Gefühl und Schmuserock. Den nächtlichen Spuk mit Tante Adas Lebens-Showdown – er wird zugleich zu Emilias Lebenslehrstunden – inszenierte Erhard Pauer in Andreas Lungenschmids Bühnenbild in Froschperspektive: rasch verwandeln sie die Wohnung in eine effektvolle Showbühne mit Treppen.
Besonders aber ist es das Ensemble, das diese fliegenden Verwandlungen mit Leben erfüllt: Von Krista Pauers Emilia bis Frauenschwarm Stefano Bernardin als Pizzaboten, von Katharina Dorians stimmgewaltiger Mutter bis zu Georg Leskovich als Michi. Mittendrin die wunderbare Viktoria Schubert mit Humor (und Erfahrung): Als einsichtige Tante Ada liebt sie noch im Tod guten Rotwein, Boys und Rock'n'Roll. Einfach perfekt, einfach herrlich!
Thomas Gabler
Klein&Kunst-online – 16.01.2006
Mit ziemlicher Wucht prallen hier die Welten zweier sehr unterschiedlicher Frauen aufeinander: Jene der 18-jährigen Emilia (Krista Pauer), brav und angepasst, ganz kurz vor der Matura. Und jene ihrer 50-jährigen Tante Ada (Viktoria Schubert), ihres Zeichens schwarzes Dauerschaf der Bürgerfamilie. Die soeben auf der Höhenstraße tödlich gegen einen Baum gefahren ist – weil sie während der rasanten Fahrt auf dem Boden des Autos nach ihrer Lieblingskassette suchte.
Tantchen hat quasi ihren letzten, entsprechend imposanten Auftritt – ihr wird noch eine Nacht von Gottes Gnaden gewährt. Eine Art posthume Schonzeit vor den Ewigen Jagdgründen. Diese wird redlich eingesetzt, um Emilia noch ein wenig vom faden Spießbürgertum abzubringen, in das sie jetzt schon tief verstrickt ist. Nicht zuletzt dank ihrer ehrgeizigen Frau Mama – Adas Schwester.
Länger als ein paar Stunden hat Emilia ohnehin nicht Zeit, um die Wohnung ihrer Erbtante zu räumen, denn die schulische Pflicht ruft. Doch als sie in die ersten Kisten schaut, wird ihr klar, dass Tantchen ein ganz schön wildes Huhn gewesen sein muss. Die trotzdem auch ein paar gute Gelegenheiten verpasst hat, wie sich später herausstellt.
Damit Emilia im Leben noch so manches ganz anders machen kann, lässt Ada allerhand Gestalten antanzen – angefangen von Emilias schnöseligem Streberfreund, der seine Liebste in Wahrheit ein wenig moppelig findet, bis hin zu einer kleinen Auswahl ihrer eigenen Liebhaber, die sie allesamt zum Teufel schickt.
Adas Lektion scheint gesessen zu haben – hoffentlich nicht nur kurzfristig. Lässt sich die sonst so prinzipientreue Emilia doch glatt vom Pizzaboten (dargestellt von »Dancing Star« Stefano Bernardin) dazu verführen, alles liegen und stehen zu lassen. Natürlich nur, um mit ihm frühstücken zu gehen …
Flott inszeniertes, philosophisches Stück von Erfolgsautor Lutz Hübner (»Das Herz eines Boxers«) und Sarah Nemitz mit großartigen schauspielerischen Leistungen. Feines Bühnenbild, das den ständigen Wechsel von der Wohnungskulisse zur Showbühne schnell derpackt. Sehr langer Premierenapplaus.
Sylvie Wasshuber
Kurier – 17.01.2006
Traumhafter Start ins Leben
Emilia hat Stress. Das Maturazeugnis muss super sein, sonst wird nichts mit der Zukunft – findet zumindest die ehrgeizige Mama (Katharina Dorian). Die Beziehung zum Freund alias Mausebär (Georg Leskovich) sollte auch super sein – nur leider macht Mausebär nicht mit und zahlt Emilia ihre Liebe mit Grant zurück.
Emilia (Krista Pauer) ist ein Spielball eigener und fremder Erwartungen. Vor Erreichen der Volljährigkeit schon auf ein Leben abonniert, von dem sie gar nicht weiß, ob sie es überhaupt will. Sie steht im Mittelpunkt von »Die letzte Show«, einem Schauspiel mit Musik von Lutz Hübner und Sarah Nemitz (Regie: Erhard Pauer), das am Donnerstag im »Theater der Jugend« (Renaissancetheater) Uraufführung feierte.
Hübner und Nemitz lassen Emilias Entwicklung zur Selbstbestimmtheit in einer Nacht passieren: Die Protagonistin begegnet ihrer – eigentlich toten – Tante Ada (Viktoria Schubert). Das Bühnenbild, das sich Andreas Lungenschmid dazu hat einfallen lassen, stellt Adas Wohnung dar. Allerdings vom Boden aus gesehen: Riesig ragen Tür und Fenster gegen die Decke und verwandeln sich – in Emilias Träumen – in eine Show-Bühne. Denn die flippige Tante Ada nützt ihren letzten Auftritt in diesem Leben, um der Nichte deren Leben, im wahrsten Sinne des Wortes, vor Augen zu führen.
Nach einem etwas behäbigen Anfang wird das Stück in der zweiten Hälfte wirklich packend: Die albtraumhafte Szene zum Beispiel, in der Emilia im Kindergarten neu anfangen darf, um diesmal auch wirklich alles richtig zu machen. Oder wenn Stefano Bernardin als durchgeknallter Pizzabote/Schönheitschirurg singend über die Bühne fetzt. Amüsant und unangestrengt kommt »Die letzte Show« daher, gut gespielt, ironisch, kurzweilig. Denkenden Menschen ab 13 empfohlen!
A.Gasteiger
Der Standard – 17.01.2006
[…] Jede retroschickversessene Mutter kommt hier auf ihre Kosten […]
Margarethe Affenzeller
Schüler-Standard – 17.01.2006
Ein Feuerwerk der Gefühle
Wie lebt man sein Leben? Eine Kernfrage unserer Gesellschaft und der Versuch einer Antwort in Lutz Hübners Schauspiel »Die letzte Show«
Im Mittelpunkt des Geschehens steht die 18-jährige Maturantin Emilia. Gepeinigt vom schulischen Erwartungsdruck ihrer Mutter, bleibt ihr eigenes Ich auf der Strecke. Um den Anforderungen zu entsprechen, werden Emilia zwei Lebensziele aufgezwungen: das perfekte Aussehen und die bestmögliche Ausbildung. Doch der Tod ihrer familiär im Abseits stehenden Tante Ada verändert alles.
Als Alleinerbin einer Wohnung durchlebt Emilia dort ein emotionales Wechselspiel zwischen Traum und Realität. Die Entrümpelung der Wohnung wird zur Entrümpelung ihrer Seele. Die geträumten Bilder vermitteln Vergangenheitsbewältigung und Zukunftswünsche; die fiktiven Dialoge mit Ada werden zur letzten Show. Emilia entdeckt im Zwiespalt von Selbstzweifeln, Zwängen und Sehnsüchten ihr wahres Ich - und in der Person des Pizzaboten Diddy den Partner fürs Leben.
Regisseur Erhard Pauer inszenierte mit sensibler Handschrift diese temporeiche Koproduktion zwischen dem Theater der Jugend, dem Schauspielhaus Hannover und dem Düsseldorfer Schauspielhaus. Das moderne Bühnenbild von Andreas Lungenschmid mit überdimensionalen Raumelementen und einer attraktiven Showtreppe fasziniert. Dies gilt auch für Lior Kretzers musikalische Untermalung. Der Einbau filmischer Sequenzen ist ein dramaturgischer Geniestreich. Ebenso die schauspielerische Leistung des Ensembles.
So hat Krista Pauer als bedauernswerte Emilia bald die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. "Dancing Star" und "Nestroypreisträger" Stefano Bernardin beweist als Pizzabote Diddy einmal mehr sein komödiantisches Talent.
Viktoria Schubert als Tante Ada und Katharina Dorian als Emilias Mutter verkörpern gekonnt die beiden gesellschaftlichen Extreme des Stückes. »Die letzte Show« ist ein Ereignis und sollte Pflichttermin sein.
Sandra Marianne Hold
Schüler-Standard – 17.01.2006
Trip in die Vergangenheit
[…] Sechs Wochen haben die Schauspieler unter der Leitung von Erhard Pauer geprobt, um »Die letzte Show« auf die Bühne zu bringen. Das Bühnenbild ist ebenso aufwändig wie praktisch erarbeitet, so können zwei Wände binnen Sekunden zu Treppen werden. Die Tempoaufteilung ist gelungen: Rocksongs und Tänze wechseln mit Sprechszenen ab. Die Rollen wurden mit Liebe zum Detail entwickelt - von den strengen, stets im Chor sprechenden Prüfern bis zum Pizzaboten Diddi (brillant gespielt von Nestroy-Gewinner Stefano Bernardin).
Trotz der witzigen Momente ist »Die letzte Show« ein ernstes Stück, das viele Fragen aufwirft: Ist es gut, mehr zu lernen, aber weniger zu leben? Ist es gut, mehr zu leben, aber weniger zu lernen? Ist es möglich, Lernen als natürlichen Teil des Lebens zu betrachten? Fragen, die der Regisseur bewusst unbeantwortet lässt. Emilias Geschichte ist aus dem Leben gegriffen, das uns täglich mit Höhen und Tiefen konfrontiert. Die Arbeitslage wird immer kritischer. Jeder ist einem Leistungszwang unterworfen, will der Beste sein. Doch wofür das alles? Wir wissen nicht, was nach dem Tod passiert, ob die Arbeit, um derentwillen wir uns verloren haben, belohnt wird. Wir kennen sie nicht, die letzte Show.
Simone Weiss
Schüler-Standard – 17.01.2006
Mehr lebendig als tot
[…] Lutz Hübner, der laut Statistik des Deutschen Bühnenvereins zu den meistgespielten Dramatikern der Gegenwart auf deutschen Bühnen zählt, gelang ein großartiges Schauspiel. Das Stück stellt ernste Fragen an die Zuseher aller Generationen, die das Theater dennoch beschwingt verlassen und sich bestätigt fühlen, »ihr Ding« zu machen. Tante Ada würde sich freuen, zu wissen, dass ihre Mission geglückt ist. Ein Stück, das es verdient, gesehen zu werden.
Katharina Grabner
falter.at – 01.01.1970
Uraufführung eines neuen Stücks (mit Musik) vom erfolgreichen deutschen Jugendtheaterautor Lutz Hübner. Die 18-jährige Emilia wurde von ihrer Tante Ada zur Alleinerbin bestimmt. Als sie in deren Wohnung das Erbe sichtet, steht die Tante plötzlich vor ihr und stellt der Nichte ein paar gute Fragen. »Message ohne Moralinsäure« sah Falter-Kritiker Peter Fuchs.
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