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2004/2005

Crash-Kids 11 +

von Marcus Romer
Deutsch von Jürgen Flügge


Österreichische Erstaufführung

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 29. April 2005 - 25. Juni 2005
Premiere: 03. Mai 2005
Regie: Franziska Steiof

»Wenn ich hinter'm Steuer bin, … hab ich die Kontrolle. Weißt du, wie gut sich das anfühlt? Und das Beste ist, dass mich niemand kriegt … Leben am Abgrund … kannst du dir das vorstellen … Und übrigens, ich würd's immer wieder tun.«
(Colly in »Crash-Kids« von Marcus Romer)

»Es verletzt niemand, es ist eine Chance für dich, einmal zu lachen und so ein bisschen weg zukommen, weißt du. (…) Ich wollte was beweisen, meine Ma schocken, was weiß ich. Es schien so harmlos am Anfang …«
(Viper in »Crash-Kids« von Marcus Romer)


Einsteigen – abheben – Nervenkitzel! Vollgas geben – Spaß haben! So muss das Leben laufen, und wenn's nicht so läuft, ist man selbst dran schuld, meint zumindest der coole Mark Collinsky, auch Colly genannt. Er ist einer, der den Mädchen gefällt, und einer, auf den sie hereinfallen. Denn Colly hat was Verwegenes und traut sich was.

Auch Viper gerät in argen Stress, wenn sie an Colly denkt: Für sie ist er First Love – der Traumboy, mit dem sie eng umschlungen Richtung Sonnenuntergang schlendern möchte. Und als eines Tages Colly vor der Schule ausgerechnet auf sie wartet, wähnt Viper sich am Ziel ihrer geheimsten Träume. Da gibt's nur eines: einsteigen und losdüsen! Denn Colly ist der Typ, für den man einfach alles opfern muss … Alles?

Dass der Junge die Worte »richtig« und »falsch« nicht zu kennen scheint, eröffnet Viper zunächst eine neue, aufregend unbekannte Welt – bis sie auf dem harten Boden der Wirklichkeit bruchlandet und erkennen muss: Wer auf der überholspur dahin rast, sollte auch wissen, wo das Bremspedal zu finden ist

Schneller – höher – weiter: Marcus Romers »Crash-Kids« (»Taken without Consent«) ist ein mitreißender Theaterkrimi. Packend und hautnah berichtet der Text über Mutproben und deren Preis.


Aufführungsrechte: THEATERSTüCKVERLAG, München

Besetzung

Viper Silvia Meisterle
Colly Simon Jaritz
Regie Franziska Steiof
Ausstattung und Licht Kristina Hoffmann
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Eva-Maria Gsöllpointner

Kritiken

Kronen Zeitung – 06.05.2005

Junge Leute von heute

Im Theater im Zentrum zeigt Thomas Birkmeir ein Erfolgsstück des Engländers Marcus Romer, der als Schauspieler und Theaterchef weiß, was Theater braucht. Ein Zweipersonenstück über die Probleme junger Leute von heute. Sehenswert! Viel Beifall!

Sie heißt »Viper«, er Colly. Den feschen Jungen lernt sie im Schulhof kennen. Große Liebe, Schwangerschaft, sie will nicht abtreiben. Er knackt schnelle Autos, um mit Freunden Wettrennen zu veranstalten. Er überredet sie zu einer letzten Autoraserei, bei der er in eine Kinderschar fährt und einen Jungen tötet …
Für diese Kolportage verwendet Romer eine interessante Technik. Die Hauptfiguren reden miteinander, auch mit Stimmen der Mutter und des Freundes Andy, sie wenden sich aber auch als Erzähler oder Kommentatoren zwischendurch ans Publikum.
Regisseurin Franziska Steiof gelingt mit Silvia Meisterle und Simon Jaritz eine packende Aufführung. Reizvoll durchsichtige, drehbare Bühne: Kristina Hoffmann.

H.M.


Wiener Zeitung – 06.05.2005

Jugend auf dem Weg in den Abgrund

Viper und Colly wollen einfach nur Spaß haben. Und die verliebte Viper merkt erst viel zu spät, dass Collys »Späße« längst keine mehr sind.

»Crash-Kids« heißt das spannende Jugendstück von Marcus Romer, das jetzt in der übersetzung von Jürgen Flügge im Rahmen des Theaters der Jugend zur österreichischen Erstaufführung kam. Es geht um die erste Liebe eines jungen Mädchens, das auf die »Coolness« eines gleichaltrigen Burschen hereinfällt. Er tut, was ihm passt, und das fasziniert sie. So bricht er etwa Autos auf oder stiehlt Brieftaschen. Viper genießt das ihr fremde Leben und merkt nicht, dass sie und Colly fast unweigerlich auf eine Katastrophe zujagen. Dass er sich herzlos verhält, als sie ihm sagt, dass sie schwanger ist, wäre verkraftbar. Doch es kommt weit schlimmer.

Romer zeigt die zwei unreifen Kinder an der Schwelle zum Erwachsenwerden einfühlsam, ergreift dann allerdings immer stärker für das Mädchen Partei und lässt den Burschen schließlich zu eindimensional negativ erscheinen.

Hervorragend ist die Aufführung, woran Ausstatterin Kristina Hoffmann großen Anteil hat. Hervorragend ist aber auch die nuancenreiche Inszenierung von Franziska Steiof. Eine reine Freude sind Silvia Meisterle und Simon Jaritz als ungleiches Paar. Sie loten ihre schwierigen Rollen bis in die äußersten Winkel aus, sind glaubhaft und faszinierend bis zur letzten Minute.

Lona Chernel


klein&kunst – 06.05.2005

Liebe macht ja blind – aber selten für immer. Eine bittere Lektion, die Viper da lernt, als sie sich in Colly verliebt. Anfangs schwankt sie noch zwischen Faszination und Entsetzen, wenn er eine Jacke klaut oder gleich ein ganzes Auto. Und sie rast auch noch brav mit, wenngleich mit mulmigem Gefühl. Sogar vor der Polizei deckt sie ihn tapfer. Bis Colly eines Tages den Bogen mehrfach überspannt …

Zwei junge Leute, kaum Requisiten – und 75 Minuten Spannung und Action. Franziska Steiof nimmt uns mit in die Gedankenwelt von Jugendlichen und macht sie ganz schön nachvollziehbar. Faszinierend, welche Suggestionen die Regisseurin mit simplen Mitteln erzeugt – Lichteffekte erzeugen Schwimmbad- oder Disco-Feeling, bewegliche Metallpodeste dienen als Autos oder Liebesnest. Und Muttern gibt aus dem Off ihren Senf dazu. Den minimalen »Bühnenumbau« bewerkstelligen die beiden quirligen Hauptdarsteller selbst – durch Herumschieben der Podeste. Multitasking im Theater, sozusagen. Workout brauchen Silvia und Simon wohl an diesen Tagen keines mehr. Flitzen sie doch auch sonst ständig kreuz und quer über die Bühne, immer wieder auf der Jagd oder auf der Flucht, je nachdem. äußere Betonung des lebendigen Inhalts, der eine ganz schön dramatische Wendung nimmt. Und am Schluss ist nichts mehr, wie es vorher war.

Nach der vorher gehenden Produktion »Das Herz eines Boxers« hat's das nächste Stück zwar schwer (…). Der Mix aus »Liebesgeschichte« und »Krimi« ist aber äußerst gelungen und Vergleiche schlicht nicht zulässig – wegen des anderen Genres. Lang anhaltender Premierenapplaus. (…)



Der Standard – 09.05.2005

Bitte einsteigen! Hier geht's zur Mutprobe

»Crash Kids« von Marcus Romer Theater der Jugend, das sich selten so pur, so schnörkellos gibt

Schnelle Autos und die am besten »geborgt«. Das ist die teuflische Mischung, mit der Mark Collinsky alias Colly (Simon Jaritz) am liebsten sein Freizeitproblem in der Peripherie löst. Dass dieses, das Adrenalin fördernde Treiben die Aufmerksamkeit der Mädchen weckt, ist eine nicht unangenehme Begleiterscheinung, aber eben doch nur eine Begleiterscheinung, denn Colly will sein lustiges Leben sicher nicht mit darüber hinaus gehender Verantwortung belasten. Viper (Silvia Meisterle) wird aber schwanger.

Crash Kids von Marcus Romer (übersetzung: Jürgen Flügge) erzählt vom zu schnell in eine ganz normale Jugend hereinbrechenden Ernst. Franziska Steiof hat in einer schlichten Szenerie von schwingenden Flügeln und blendenden Metallkisten, die bei Bedarf als rasende Gefährte imaginiert werden (Ausstattung und Licht: Kristina Hoffmann), eine zügige Dramaturgie für schöne Theatermomente angehalten: das plötzliche Entdecken der Zuneigung füreinander, der Ausbruch des Discofiebers, das Möchtegerntanzen, den spürbaren Körperkomplex, versteckt im wabernden Sportoutfit. Selten zeigt sich das Theater der Jugend so pur, so schnörkellos, selten gibt es so zielgenau den Blick auf seine Figuren frei. Im viel zu ernsten Spiel mit einem neuen Leben nimmt sich dann der Ausverkauf der auf Wäscheleinen hereinbaumelnden Strampelhosen, Lätzchen und Kindersitzen zunehmend tragikomisch aus. So ist dergleichen wohl auch.

afze