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2015/2016

Die automatische Prinzessin - Fantastische Fabeln aus 1001 Nacht 6 +

von Henry Mason

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 10. Februar 2016 - 13. März 2016
Premiere: 12. Februar 2016
Dauer: 02:20
Regie: Henry Mason

»Jeder von uns ist eine einzigartige Erzählung, die
fortlaufend zusammengesetzt wird, unbewusst durch,
mit und in uns (…) und, nicht zuletzt durch unsere
Rede, unsere gesprochenen Geschichten. Biologisch
gesehen, unterscheiden wir uns nicht so sehr voneinander;
historisch gesehen, als Erzählung, ist jeder
von uns einzigartig.«

Oliver Sacks

Geschichten über Geschichten über Geschichten erzählt Sheherazade dem König Schahrayar. So klug und so bezaubernd fabuliert sie – und das »1001 Nacht« lang, dass der König sich unsterblich in sie verlieben muss. Was aber in der Geschichte »Die automatische Prinzessin« geschieht, das wusste selbst Sheherazade nicht. Wie sollte sie auch wissen, dass in ein- oder zwei- oder dreitausend Jahren am Theater der Jugend nach Motiven aus ihren Erzählungen eine neue Geschichte entwickelt wird: Shadiyyah und Mabubah helfen ihren exzentrischen Eltern, den gemeinsamen Wunderladen im Bazar von Bagdad zu führen. Als der Kalif aus heiterem Himmel allen Frauen und Mädchen öffentliche Tätigkeiten verbietet, werden die beiden Schwestern in die Flucht getrieben. So beginnt eine fantastische Reise in die Welt der 1001 Nächte, eine Welt gigantischer Vögel und Magnetberge, Feuergeister und böser Zauberer, sprechender Sitzmöbel und fliegender Teppiche. Auseinandergerissen, um nach wilden Abenteuern wieder zusammenzufinden, gelangen sie auf den Grund des Ozeans und auf entlegenste Inseln, in die tiefste Wüste und zur sagenumwobenen Messingstadt selbst. Unterwegs aber entdecken sie ein schreckliches Komplott, das um jeden Preis verhindert werden muss. Der Schlüssel zu allem ist die geheimnisvolle automatische Prinzessin…
Regisseur und Autor Henry Mason begibt sich mit einem Ensemble von schlagfertigen Komödianten auf Entdeckungsfahrt in die Welt von Scheherazades Erzählungen. Mit viel Phantasie wird der wundersame Kosmos der »Tausendundeinen Nacht« mit wenigen Handgriffen zu theatralischem Leben erweckt. Zahllose ineinander verschachtelte Geschichten bilden ein herrlich komisches Labyrinth, aus dem die Erzähler selbst nur mit Müh und Not wieder herausfinden.

Aufführungsrechte: Theater der Jugend, Wien

Besetzung

Shadiyyah / Die Prinzessin Bahar Banu Sandra Lipp
Mabubah / Die Möwe / Ein Diener des Kalifen / Die Prinzessin Bahar Banu Claudia Kainberger
Der Kunde / Dalilah / Der Kapitän / Subaah, der Dschinn / Der König Christian Graf
Erster alter Mann / Jawabir (Baba) / Der Kommandant der Palastwache / Der Zauberer / Das Sofa Frank Engelhardt
Zweiter alter Mann / Kalif Fazil / Der Palastbote / Latifaa / Der sprechende Kopf / Der Prinz / Laila, die automatische Prinzessin Stefan Rosenthal
Palastwachen / Matrosen / Der Vogel Rokh / Dämonen / Kaputte Automaten Ensemble
Regie Henry Mason
Bühne Michaela Mandel
Kostüme Anna Katharina Jaritz
Figurenbau und Coaching Rebekah Wild
Licht Christian Holemy
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz, Inspizienz Eva Maria Gsöllpointner

Kritiken

Die Presse – 14.02.2016

Die Emanzen aus "1001er Nacht"

Nein, das wissen nicht nur die Pixar-Studios: dass, was man für Kinder produziert, auch von Erwachsen konsumiert wird, weshalb ein guter Film, ebenso wie ein gutes Theaterstück für Kinder, auf mehreren Ebenen funktionieren sollte. Henry Mason, der schon in der Vergangenheit für hervorragende Produktionen im Theater der Jugend verantwortlich gezeichnet hat und nun das von ihm nach Motiven der Geschichten aus "1001 Nacht" gefertigte Stück "Die automatische Prinzessin"selbst inszeniert, streut eine ganze Menge Verweise und Scherze für uns Begleitpersonen ein: den Witz vom Dschinn und dem Gin Tonic etwa. Oder den kurzen, wehmütigen Satz über die vergangene Schönheit Bagdads. Den die Kinder nicht verstehen werden, genauso wenig, wie sie ahnen können, dass "Die automatische Prinzessin" auch als Kommentar auf die Rolle der Frau in der islamischen Welt gelesen werden kann.

Doch die Botschaft, wie denn die Unterdrückung von Frauen und Mädchen so funktioniert, kommt auch so an, da braucht man keine Nachrichten verfolgt zu haben:
Im Mittelpunkt des Stücks stehen zwei Schwestern, die mit ihrer Mutter gemeinsam einen Laden im Bazar betreiben, ein ganz kurioses Geschäft ist das, mit allerlei Kostbarem und Seltsamem aus fernen Ländern, das der Herr Papa von seinen Reisen so mitgebracht hat. Ein heiteres Leben! Bis der alte Kalif stirbt. Der junge übernimmt die Macht – und verbietet als erste Amtshandlung den Frauen, Geschäfte zu führen. Sie seien zu zart, um Handel zu treiben und zu feilschen. Ja, so ist sie, die Frauenfeindlichkeit, sie nimmt, ob in Ost oder West, gern die Beschützerpose ein.
Nun wird es gefährlich, denn Papa ist noch auf Reisen, die Mädchen (Sandra Lipp und Claudia Kainberger) wollen sich nicht fügen, es folgt eine wilde Verfolgungsjagd durch die Palastwache, die darin gipfelt, dass die Wache sich vor den Mädchen erschreckt, einer von vielen kleinen, entzückenden Momenten, die diesen Theaternachmittag ausmachen, in dessen Mittelpunkt die automatische Prinzessin steht: Sie ist eigentlich ein Apparat, von einem Zauberer erschaffen, der sich vor lebendigen Frauen fürchtet – wieder eine Variante der Misogynie. Diese schnarrende, glitzernde Kreatur sagt zu jedem Mann, der ihr nahe kommt: "Du bist mein Gott." Was auch den Feuergeist, eigentlich ein lieber Kerl, maßlos bauchpinselt.

Ein Sonderlob gebührt Bühne (Michaela Mandel) und Kostüm (Anna Katharina Jaritz), die eine orientalisch-okzidentale Wunderwelt hingezaubert haben, in der sich Pickelhaube mit Pluderhose, Monokel mit Turban mischt und ein altes Hippie-Gefährt als Bagdader Kramladen dient. Und den Schauspielern, von denen fast alle zeigen dürfen, dass man als Mann eine Frau, als Frau einen Mann darstellen kann, so natürlich, dass man sich etwa keine bessere Dalilah vorstellen kann als die von Christian Graf gespielte. Als ginge es auch auf dieser Ebene darum, die Quintessenz des Stücks zu verdeutlichen: dass es "egal ist, ob Mann, Frau, Sofa oder Feuergeist" – also zumindest in einer Welt, in der es Feuergeister gibt und so ein Sofa in Wirklichkeit ein verwandelter Vater ist.

Bettina Steiner


Tiroler Tageszeitung – APA Onlineticker – 13.02.2016

Zauberhaft: "Die automatische Prinzessin" im Theater der Jugend

[...] Das fünfköpfige Ensemble schafft es mithilfe der liebe- wie fantasievollen Kostüm-Ausstattung von Anna Katharina Jaritz, blitzschnell zwischen mehr als zwei Dutzend Rollen zu wechseln. So ist Sandra Lipp nicht nur die tatkräftige große Schwester Shadiyyah, sondern auch die aufmüpfige Prinzessin Bahar Banu, die aus Unlust, sich verheiraten zu lassen, von einem fliegenden Teppich direkt in den Kochtopf einiger Insel-Dämonen fällt. Ihre zarte Schwester Mabubah gibt Claudia Kainberger mit viel Anmut, die jedoch jäh in Tatkraft umschlägt, als sie plötzlich auf sich allein gestellt ist und den bösen Zauberer (Frank Engelhardt) überlisten muss.

Engelhardt gibt wiederum in einer Tour de Force den Zauberer, den Vater der beiden Mädchen, eine Palastwache und schließlich auch ein verzaubertes Sofa. Den größten Kraftakt leistet Christian Graf, der oft innerhalb einzelner Szenen gleichzeitig den Dschinn Subaah, den König, die Mutter, den Kapitän oder den Kunden spielt. Stefan Rosenthal schließlich lenkt nicht nur die automatische Prinzessin und den sprechenden Kopf sicher über die Bühne, sondern schlüpft auch in die Rollen des Prinzen, eines Palastboten oder eines alten Mannes. Liebevolle Details wie etwa ein zu einer Möwe umgestalteter Kindergummistiefel, eine leuchtende Schatzkiste oder zu Schlangen umfunktionierte Seile komplettieren eine im wahrsten Sinne des Wortes zauberhafte Produktion, die den jungen Zuschauern (ab 6 Jahren) nicht nur die Mythen des Orients näher bringt, sondern auch ein starkes Frauenbild vermittelt. Langer Applaus für einen sehr gelungenen Abend.

APA


Kurier - KiKu – 14.02.2016

Märchenhafte Reise/Flucht zu Herz und Freiheit

Läuft im kleineren der beiden Häuser des Wiener Theaters der Jugend mit dem Jugendstück "Tschick" eine Art Road-Movie des Erwachsenwerdens, so steigt seit kurzem auf der Bühne des großen Hauses in der Neubaugasse auch eine theatrale Reise – hier in fantastische Welten – rundum ein Auto. Zentrales Bühnenelement ist ein alter irgendwie an Hippie-Zeiten erinnernder VW-Bus.

Der Bus verwandelt sich – meist mit wenigen Handgriffen und Elementen – vom Wunderladen im Basar von Bagdad, "als dieses noch friedlich war", in abenteuerliche Höhlen und andere Locations von Märchen aus Tausend und einer Nacht. Die coolste Verwandlung des Gefährts ist sicher jene zum Vogel Rokh, der Prinzessin Bahar Banu entführt. Der geniale Vogelkopf (Figurenbau: Rebekah Wild), zwei große weiße Tücher/Segel und Bahar Banu vorne am Kühler des Wagens mit einem Sicherheitsgurt angeschnallt. Das wirkt gewaltig. Als der böse Vogel sie fallen lässt, taucht eine kleine Figur als Ebenbild der Entführten auf dem Bühnenboden auf.

Um zwei Schwestern, Shadiyyah und Mabubah (Sandra Lipp und Claudia Kainberger) herum baute Regisseur Henry Mason "Die automatische Prinzessin". Das knapp mehr als zwei Stunden dauernde Stück führt aber nicht nur durch einige echte bzw. von diesen angeregte Szenen aus den Märchen von 1001 Nacht, die Sheherazade dem König Schahrayar erzählte und sich so um ihr Überleben redete. Mason erfand eine Rahmenhandlung, die aktuelle Geschehnisse aus der Region so "nebenbei" aufgreift: Der neue Kalif verbietet Mädchen und Frauen, Arbeit im öffentlichen Raum. So müssen die beiden Schwestern, die im Wunderladen ihrer Eltern arbeiten, flüchten. Der Automat in Form einer mechanischen Prinzessin ist DIE ideale Ehefrau, die der böse Zauberer dem neuen Herrscher einreden will. Er selbst hat Angst vor Frauen und vor allem vor Gefühlen und Herz(lichkeit).

Die beiden Schwestern reisen somit nicht nur durch abenteuerliche, fantasievolle, spannende Märchen mit so manch sehr witziger Szene, sondern müssen auf ihrer Flucht auch gegen die Herzlosigkeit und für die Freiheit ankämpfen...

https//www.kurier.at/lebensart/kiku/theater-der-jugend-maerchenhafte-reise-flucht-zu-herz-und-freiheit/181.026.350

Heinz Wagner


Neues Volksblatt – 16.02.2016

Ein Hohelied auf die Frauen

[…] Zu den bekannten Motiven — Aladins Wunderlampe ist ebenso dabei wie der fliegende Teppich (szenisch höchst drollig gelöst), scheußliche Fabeltiere und skurrile Verwandlungen — hat Mason eine eigene Geschichte geschaffen, die sich vor allem um die Emanzipation dreht. […]

Brillant gemacht jedenfalls, auch für die Erwachsenen, herrlich gespielt von nur fünf Darstellern, die sich in Blitzverwandlungen in, wie es scheint, 100 Rollen präsentieren. Sandra Lipp, Claudia Kainberger, Frank Engelhardt, Stefan Rosenthal und Christian Graf als herrliches Komiker-As zeigen: Wer in einer Henry-Mason-Inszenierung besteht, der wird auf seinem Berufsweg vermutlich auf keine unüberwindlichen Schwierigkeiten stoßen ...

Renate Wagner


Der Standard – 16.02.2016

Auf dem Grund des Ozeans bei Bagdad und in der Luft

Zwei alte Männer mit bodenlangen Bärten behaupten, sie seien einmal junge Mädchen gewesen. Einen reizvolleren Beginn einer Theatervorstellung kann es nicht geben! Da hüpft das Transgender-Herz genauso, wie das Gehirn der Fantasy-Freunde bebt. Zugetragen haben sich die in der Folge erzählten Ereignisse in Bagdad in einer längst vergangenen Zeit, als es dem Kalifen einfiel, den Frauen der Stadt jede außerhäusliche Tätigkeit zu verbieten. Opfer des kalifatischen Verdikts wird eine Familie, die im Basar ein Geschäft betreibt. Weil Vater Baba (Frank Engelhardt) auf Dienstreise ist, müssen die Mutter (Christian Graf) und die beiden Töchter Shadiyyah (Sandra Lipp) und Mabubah (Claudia Kainberger) fliehen. Sie verlassen unter den Schwertschwüngen der Palastwache ihren Laden, der in Form eines vollbepackten alten VW-Busses auf der Drehbühne des Renaissancetheaters von allen Seiten einsehbar wird (Bühne: Michaela Mandel). Die Flucht führt entlang von Motiven aus den Märchen von Tausendundeiner Nacht an wundersame Schauplätze und zu seltsamen Begegnungen, die Henry Mason (auch Regie) zu einer prallen Geschichte zusammengebaut hat: ein Erlebnisparcours für Menschen, die von den Grenzen (z. B. der Realität) nur bedingt etwas halten.
Empfohlen wird die Produktion des Theaters der Jugend für Publikum ab sechs Jahren. Ein Schiffskapitän mit drei Meter Bauchumfang; eine Wäscherin mit fünf Meter Hüftumfang (Kostüme: Anna K. Jaritz); ein sprechender Kopf; ein Magnetberg, der den Segelschiffen in einer schönen Slapstickszene alle Nägel zieht; eine Schlangenhöhle; eine Wunderlampe mit Geist; fliegende Teppiche; Menschengulasch; ein sprechendes Sofa; der gigantische Vogel Rokh und die gefährlichen Wâk-wâk-Inseln: All das gehört zur Automatischen Prinzessin. In Masons Neuverdichtung alter Fabeln liegt viel Potenzial. Das Stück haucht alten Motiven ganz cool neues Leben ein. Und es überwindet Grenzen: zwischen den Kulturen, den Geschlechtern, zwischen Mensch und Maschine, zwischen Realität und Fiktion. […]

Am Ende gilt es für die beiden tapferen Schwestern und deren Mutter, die bösen Absichten eines Zauberers zu durchkreuzen, der hinter all dem Unheil steckt. Dieser hat Angst vor Frauen (weil sie ihm das Herz stehlen könnten) und will sie in Schach halten, weshalb der Kalif die automatische Prinzessin heiraten soll, eine Puppenfrau im Stile E. T. A. Hoffmanns. Es bleibt spannend! Und wer die alten bärtigen Männer nun waren, darf hier leider nicht verraten werden.

Margarete Affenzeller


Wiener Zeitung – 18.02.2016

Abrakadabra

Effektvolle Abenteuerreise durch 1001 Nacht im Theater der Jugend:
Fliegende Teppiche, der Riesenvogel Rokh, eine Wunderlampe samt ausgeflipptem Dschinn, die verwunschene Insel Wak-Wak, die geheimnisvolle Messingstadt - Regisseur Henry Mason entfaltet im Theater der Jugend mit diesen Ingredenzien einen fantastisch-magischen Erzählraum.
Sein Stück "Die automatische Prinzessin", das zwei Schwestern auf eine wilde Reise durch einen wundersamen Orient schickt, ist frei erfunden, doch Regisseur und Autor Mason nimmt viele Anleihen bei der Märchensammlung "1001 Nacht". [...]

Im Theater der Jugend genügen Mason wenige Mittel, um sagenumwobene Regionen heraufzubeschwören, dabei kommt Objekttheater effektvoll zum Einsatz: Ein umgestülpter Gummistiefel stellt eine Möwe dar, ein Seidenvorhang wird zum Monstervogel, ein Teppich auf Rädern wird zum Flugobjekt, leuchtende Fäden markieren den Meeresgrund. Im Zentrum der Bühne von Michaela Mandel steht ein wandlungsfähiger VW-Bus, der Gefährt, Wohnraum, Kaufmannsladen und vieles mehr darstellt.
Das fünfköpfige Ensemble, allen voran Christian Graf als exzentrischer Dschinn, verkörpert eine Vielzahl an Rollen. Die verschlungenen Handlungsfäden werden episch, also mit den Mitteln des Erzähltheaters, entwirrt. Die zweieinhalbstündige Aufführung ist überbordend, maßlos und nimmt schier unglaubliche Wendungen - und trifft damit die Faszination der Geschichten aus "1001 Nacht" punktgenau.

Petra Paterno


European Cultural News – 17.02.2016

Ein Märchen wie aus 1001 Nacht

"Die automatische Prinzessin" entführt in eine versunkene Welt ohne elektronische Gadgets, die so kraftvoll und pur wirkt, wie ihre schillernden Charaktere. [...]

In "Die automatische Prinzessin" mit dem Untertitel "Fantastische Fabeln aus 1001 Nacht" erleben die Schwestern Shadiyyah und Mabubah ein Abenteuer nach dem anderen. Unter der Regie von Henry Mason, der zugleich auch Autor des Stückes ist, dürfen sie in einem höchst fantasievollen Bühnenbild (Michaela Mandel) vom Basar auf ein Schiff wechseln, von dort auf eine Insel verschleppt werden, ins Meer eintauchen, in eine Schlangenhöhle klettern und, und, und. Dabei entpuppt sich ein alter Campingbus als unglaublich wandelbares Requisit. Er mutiert vom Auto zur Basarbude und vom Prinzengemach zum Höhleneingang.

Ganz nach der Erzählweise von 1001 Nacht schuf Mason mit Versatzstücken aus diesem arabisch-indisch-persischen Klassiker ein Kaleidoskop von verschiedenen Geschichten, die höchst kunstvoll ineinander verwoben sind. Dabei verströmen die farbenprächtigen und zugleich witzigen Kostüme von Anna Katharina Jaritz mehr als nur einen Hauch orientalischer Romantik. Alleine das Bühnenbild und die Kostüme sind einen Besuch der Vorstellung wert. Sie sind reinstes Augenfutter, von dem man nicht genug bekommen kann.

Die beiden Schwestern, die sich durch einen Zauber in Männer verwandelten, werden von Sandra Lipp und Claudia Kainberger gespielt. Wobei sie, wie auch alle anderen des Ensembles, in Mehrfachrollen zu sehen sind. So spielt Lipp zum allgemeinen Gaudium auch Prinzessin Bahar Banu, eine völlig ausgeflippte, männerringende und –bezwingende junge Kampfwütige. Wie sie einen Verehrer nach dem anderen mit ihren Sportkünsten flachlegt, erheitert das junge Publikum sehr. Kainberger wiederum hat ihren großen Auftritt in einer Schlangenhöhlen-Szene, in der sie auch die Wunderlampe mit jenem Dschinn findet, der ihr von da weg helfend zur Seite steht.
Christian Graf ist in dieser Rolle einfach umwerfend. Mit einem Hauch von Travestie-Gehabe, das ihn unglaublich sympathisch macht, tänzelt er im gelben Fransen-Tanzkleid beständig um Mabubah und hat die Lacher auf seiner Seite. Er bietet dem fest entschlossenen Mädchen, das getrennt von seiner Familie wieder zu seiner Mutter, Schwester und zu ihrem Vater zurück möchte, einen Widerpart, der die Leichtigkeit des Lebens verkörpert. Seine Bonmots, wie die Antwort auf die Frage, ob er sich denn auch in andere Wesen verwandeln könnte, "ja klar, zum Beispiel Gin-Tonic!" oder "Sofa, so good!", in dem er auf Baba, den Vater verweist, der in ein Sofa verwandelt wurde, sind gerade wegen ihrer Subtilität einfach grandios. Auch als völlig unerschrockene Mutter der beiden Schwestern, die ihren Kindern alles zutraut, macht er eine gute Figur. Sein bzw. ihr Auftritt auf einem "fliegenden Teppich" mit darauf überkreuzten Fake-Beinen unterbricht die Spannung des Geschehens auf höchst humorige Art und Weise.
Der Subtext, in dem die Überzeugung transportiert wird, dass Mädchen und Frauen dem männlichen Geschlecht in nichts nachstehen und ihre Unterdrückung reine Willkür ist, kommt nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger daher. Eingebettet in das turbulente Geschehen, das dem Ensemble ungezählte Rollenwechsel abverlangt, sind die Unternehmungen der beiden Kinder, die darauf abzielen, ein freies und unabhängiges Leben führen zu können, völlig plausibel. Stefan Rosenthal und Frank Engelhardt ergänzen nicht nur mit ihren Interpretationen der dicken Latifaa oder des sprechenden Baba-Sofas ihre Kolleginnen und ihren Kollegen Christian Graf wunderbar. Auch als Palastbote und Palastwachenkommandant – mit Kelimtaschen auf dem Kopf – tragen sie wesentlich dazu bei, das junge Publikum köstlichst zu unterhalten.

"Die automatische Prinzessin" entführt in eine versunkene Welt ohne elektronische Gadgets, die so kraftvoll und pur wirkt, wie ihre schillernden Charaktere. Die Inszenierung macht Lust, selbst Abenteuer zu erleben und sei es auch nur beim Schmökern in den Geschichten von 1001 Nacht.

Michaela Preiner


Materialien

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