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2009/2010

Märchenherz 11 +

von Philip Ridley
Deutsch von Andreas Pegler


Österreichische Erstaufführung

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 15. April 2010 - 26. Juni 2010
Premiere: 20. April 2010
Regie: Frank Panhans

»Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn Menschen gemeinsam träumen, ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit.«

Hélder Câmara

Kirsty hat ein Problem. Ihr Vater hat sich in eine neue Frau verliebt. Und diese Frau ist in Kirstys Augen grässlich, der Prototyp der »bösen Stiefmutter«. Sie will ihren Vater für sich selbst behalten. Bei der eigenen Geburtstagsparty reißt sie aus, um mit sich und ihrem Unglück alleine zu sein. Sie muss ihre Gedanken ordnen und landet mit ihrer hastig gepackten Reisetasche in einem verlassenen Gemeindesaal.

Dass hier nun Gideon auftaucht, passt ihr gar nicht. Und woher eigentlich kennt er ihren Namen? Warum quatscht er dauernd auf sie ein und will alles Mögliche von ihr wissen? Und was sollen all die vielen Farbtöpfe und diese große halbbemalte Leinwand?

Am besten wieder abhauen! – Doch Gideon ermuntert Kirsty dazu, mit ihm gemeinsam an seinem Bild zu malen und einzutauchen in ihre Phantasiewelt – und die ist näher an der Wirklichkeit als vermutet. Für Kirsty erscheint vieles in einem neuen Licht.

Vielleicht ist die neue Stiefmutter ja gar kein Monster? Vielleicht hat der Vater ja ein Recht auf eine neue Liebe? Vielleicht ist es ja Kirsty selbst, die nicht ganz richtig liegt mit ihren Ansichten und Meinungen …

Der englische Autor Philip Ridley, Fotograf, Filmemacher und Maler, erzählt diese warmherzige und optimistische Geschichte zwischen Kindheit und Erwachsensein als Ermutigung und Einladung die Phantasie walten zu lassen, wenn die Wirklichkeit scheinbar nur noch Sackgassen zu bieten hat.


Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main

Besetzung

Kirsty Nadine Kiesewalter
Gideon Markus Schöttl
Regie Frank Panhans
Bühne und Licht Tom Presting
Kostüme Katharina Mayer, Erika Peherstorfer (Absolventinnen des Schulzentrums Herbststraße MODE und KUNST)
Malercoach Kurt Urban
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Clemens Pötsch
Hospitanz Felix Metzner

Kritiken

www.kultur-channel.at – 19.06.2010

[…] All das erlebt man in Echtzeit, in 90 Minuten Spielzeit. Markus Schöttl spielt diesen grandiosen Geschichtenerzähler, dieses quirlige Powerpaket Gideon, der alles versucht, um Kirsty, gespielt von Nadine Kiesewetter, zunächst einmal abzulenken von ihren Problemen. Er macht alles an Faxen, was man in dem (Spiel-)Alter nur machen kann, und Philip Ridley weiß, wie man Kinder der angepeilten Altersstufe (ab 11 Jahren) erreicht. Markus Schöttl setzt das mit einer lebensfrohen, offenen, fröhlichen, in Phasen ekstatischen Darstellung des Jungen Gideon glaubhaft und mit viel Emotion, Kraft, Hingabe und Herz gespielt ungemein sympathisch um. In Nadine Kiesewetter hat er eine ideale Partnerin. […]

Martin Bruny


Kronenzeitung – 22.04.2010

Mit einem scheuen Kuss

Immer wieder entdeckt Thomas Birkmeir fürs Theater der Jugend Stücke, die – wie's heute heißt – für Junge absolut »cool« sind. Das trifft auch auf den Engländer Philip Ridley (46) zu, der als Autor und Maler unter der Jugend seine Fans hat und mit Drehbüchern und Filmen, Kinderbüchern und Theaterstücken erfolgreich ist.

Sein Stück »Märchenherz« erlebte jetzt seine Österreichische Erstaufführung im »Zentrum«. Im aufgelassenen Vortragssaal eines Gemeindebaus treffen die junge Kirsty und der nur ein Jahr ältere Gideon aufeinander. Kirsty hat die Feier zu ihrem 14. Geburtstag verlassen, sie will von zu Hause ausreißen, weil der Vater nach dem Tod ihrer Mutter eine neue Frau heiraten will.

Gideon stammt aus ärmeren Verhältnissen, hat seinen Vater nie kennengelernt; seine Mutter heiratetet den Hausmeister. Den aufgelassenen Saal benützt er als Rückzugsmöglichkeit, um seine unsäglichen Bilder zu malen. Der unkonventionelle »Hippie«-Junge und das eher egoistische Bürgermädchen streiten, kommen einander jedoch näher. Kirsty lernt ihren geliebten Vater zu verstehen, Gideon findet Zugang und Zuneigung zu dem extravaganten, unglücklichen Mädchen. Gideon macht ihr mit einem Märchen ihre falschen Ansichten begreiflich … Mit einem scheuen Kuss endet das moderne Märchen.

Unter der perfekten, feinfühligen Regie von Frank Panhans erobern Nadine Kiesewalter und vor allem der temperamentvolle Markus Schöttl junges und älteres Publikum.

Volkmar Parschalk


Kurier – 26.04.2010

Gemeinsam trotzen sie der Welt

Sie spielen »Rotz & Roll« – sind im einen Moment todtraurig, um sich im nächsten die Seele aus dem Leib zu tanzen: Gideon und Kirsty, zwei Teenager, die das Schicksal im aufgelassenen Gemeindesaal eines Wohnbaus zusammenführt.

Beide leiden unter der Tatsache, dass sie einen Elternteil verloren haben: Kirstys Mutter ist schon lange gestorben, Gideons Vater hat ihn und seine Mutter kurz nach seiner Geburt verlassen. Kirsty will es nicht akzeptieren, dass Daddy mit einer neuen Frau glücklich ist. Weil »diese Apfelhexe« auch bei ihrer Geburtstagsparty anwesend ist, haut sie kurzerhand ab – und landet bei Gideon in seinem Keller-Reich. Doch dann passiert etwas Wundersames: Die beiden streiten und lachen, reden über ihre Sorgen und können irgendwann darüber lachen. Gemeinsam sind sie stark, gemeinsam trotzen sie der Welt und deren Unbilden.

Philip Ridleys »Märchenherz« – in Szene gesetzt von Frank Panhans – ist eine subtile Seelenstudie zweier Teenager, die auf der Suche sind. Auf der Suche nach Halt in der Familie statt Patchwork. Kirsty will weiter Papas Prinzessin bleiben und nicht einer neuen Königin unterliegen; Gideon will malen, singen, tanzen, ein Star werden, kurz: es seiner Mutter und seinem Stiefvater so richtig zeigen.

Dass diese Botschaft auch entsprechend rüberkommt, dafür sorgen die beiden großartigen Darsteller, Markus Schöttl und Nadine Kiesewalter. Sie gibt die Kirsty als verwundetes Reh, getarnt mit dickem Zicken-Panzer, Schöttl reißt als cooler Hippie-Junge die Mädchen im Publikum vom Sitz. Sehenswert. Bis 26. Juni.

Susanne Lintl


Der Standard – 24.04.2010

Tussi meets Dreadlocks-Boy

An der Schwelle zur Erwachsenenwelt nimmt Kirsty (Nadine Kiesewalter) reißaus und trifft im aufgelassenen Gemeinschaftssaal ihres Wohnblocks den flippigen Dreadlocks-Boy Gideon (Markus Schöttl). »Märchenherz« heißt das Adoleszenz-Drama von Philip Ridley, das unter der Regie von Frank Panhans eine gelungene und unterhaltsame österreichische Erstaufführung erfuhr.

Die Bühne des Theater im Zentrum wirkt dabei etwas überladen und wild, entspricht aber durchaus einem erwachsenenfreien Raum. Der junge Künstler und Chill-Out-Typ Gideon, der sich zum Ärgernis der verwöhnten Tussi Kirsty um Höflichkeiten nicht kümmert, ermuntert sie zum Tanzen, Malen und Theaterspielen. Beide haben je einen Elterteil verloren und die Suche nach einem Halt verbindet die Kinder, auch wenn Kirsty Mr. Cool zunächst nur mäßig interessant findet.

Alsbald tauchen beide in eine groteske und schauerliche Phantasiewelt ein, in der sich die realen Figuren in Märchenwesen verwandeln. Die Rahmenhandlung zeigt Probleme, Ängste und Träume der Halbwüchsigen und führt beinahe übergangslos in die Welt der Märchen, die wiederum nahe an der Wirklichkeit sind. […] Mit einer bildhaften Sprache und einfachen Gegenständen entwickeln die beiden Schauspieler phantastische und poppige Märchenszenen, die auch dem Kindesalter Entsprungene in ihren Bann ziehen.

Sebastian Gilli


Wiener Zeitung – 22.04.2010

Fantasie als reale Lebenshilfe

Kirsty hat Probleme: Nicht ganz drei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter hat ihr Vater eine neue Frau an seiner Seite. Noch nicht offiziell, aber stets präsent.

Selbst an Kirstys 14. Geburtstag ist sie da. Und so verlässt das junge Mädchen fluchtartig die eigene Party. Im aufgelassenen Gemeinschaftssaal des Wohnblocks trifft sie auf den 15-jährigen Gideon, der es auch nicht gerade leicht hat. Doch er resigniert nicht, er kämpft um einen Ort, an dem Träume zur Wirklichkeit werden. Er erfindet Geschichten und will in dem verlassenen Saal ein Theater einrichten. Erst nervt er Kirsty, doch dann lässt sie sich von ihm in seine Fantasiewelt mitnehmen, die es möglich macht, die realen Dinge schließlich klarer zu sehen.

»Märchenherz« heißt das Stück des britischen Autors, Malers und Filmemachers Philip Ridley, welches das Theater der Jugend jetzt im Theater im Zentrum unter der Regie von Frank Panhans mit zwei hinreißenden, ausdrucksstarken, komödiantischen Jungdarstellern präsentiert: Nadine Kiesewalter und Markus Schöttl.

Bühne und Licht von Tom Presting mit vielen liebevoll gestalteten Details unterstützen die beiden Darsteller bestens und tragen dazu bei, das Publikum zu verzaubern.

Lona Chernel