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  • Das Geheimnis der verzauberten Stimme Das Geheimnis der verzauberten Stimme
 

2007/2008

Das Geheimnis der verzauberten Stimme 6 +

von Alan Ayckbourn
Deutsch von Inge Greiffenhagen


Deutschsprachige Erstaufführung

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 05. Oktober 2007 - 10. November 2007
Premiere: 09. Oktober 2007
Regie: Folke Braband

»Die Stimme eines Menschen ist sein zweites Gesicht.«
(Gérard Bauer, Schweizer Diplomat)

»Wenn Tia Maria einmal angefangen hatte, war sie nicht zu bremsen. Sie redete in einer Tour und hörte nie zu – auch nicht, wenn man ihr etwas Wichtiges zu ihrem Besten sagte. Wenn sie spazieren gingen, dann sagten die Eltern zum Beispiel: ›Pass auf, da ist ein tiefe Baugrube, Tia Maria!‹ Tia Maria hörte vor lauter Plappern kein Wort und fiel dann beinahe in die Grube …«
(Alan Ayckbourn. Das Geheimnis der verzauberten Stimme)

Willkommen in der phantastisch-schrägen Welt des Alan Ayckbourn und seiner faszinierenden Geschichten! Tia Maria hat einen Traum: Wenn sie groß ist, dann will sie Stadtschreierin werden. Und deswegen übt sie jetzt schon – sehr zum Leidwesen ihrer Eltern, die sich hin und wieder wünschten, einen ruhigeren Sprössling gekriegt zu haben. Aber sie lieben ihr Kind und wollen natürlich nichts als sein Glück. Und Tia Maria redet nun einmal für ihr Leben gern, von früh bis spät …

Doch dann geschieht etwas Unfassbares, das das Leben der Familie Perkins völlig umkrempeln soll: Nach dem vergnüglichen Besuch eines Jahrmarktfestes ist Tia Marias Stimme weg! Das ist vorerst nicht weiter schlimm: Kehlkopfentzündung, meint der Doktor und verordnet Bettruhe, Pillen und Tinkturen. Und die Behandlung hat Erfolg: Nach zwei Kuren kann Tia Maria endlich wieder sprechen, allerdings mit einer Stimme, die so gar nicht zu einem siebenjährigen Mädchen passt! Wie ist das geschehen? Woher kommt diese fremde Stimme? Und wo ist die eigene Samtstimme geblieben? Die Ärzte sind mit ihrem Latein am Ende. Beherzt unternehmen die Eltern alles, was in ihrer Macht steht, aber leider mit wenig Erfolg.

Und da Tia Maria bald von Hohn und Spott der anderen genug hat, beschließt sie, auf eigene Faust diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Heimlich schleicht sie nachts aus dem Haus, um allein den mysteriösen Vorgängen auf die Spur zu kommen. Dabei erfährt sie aufregende Dinge über seltsame Menschen, denen sie sonst nie im Leben begegnet wäre und gelangt an eigenartige Orte, von denen sie nicht einmal im Traum gedacht hätte, dass es sie gibt …

Nach »Miranda im Spiegelland« und »Die zauberhaften Jollies« zeigt das Theater der Jugend nun als deutschsprachige Erstaufführung erneut ein Stück aus der Feder eines der berühmtesten britischen Dramatiker, der immer wieder höchst erfolgreich für ein junges Publikum schreibt.


Aufführungsrechte: Rowohlt Theaterverlag, Reinbek bei Hamburg

Besetzung

Erzähler Alexander Jagsch
Tia Maria Perkins Caroline Athanasiadis
Mr. Perkins Uwe Achilles
Mrs. Perkins Margot Vuga
Bauchredner / Marktschreier Mr. Trampelmaine / Pförtner Johannes Zeiler
Enzo Grandiosi / J. Demetrius Creeper Rudolf Otahal
Baronin Eduna von Swutsch / Miss Winsome Diverse Frauen auf der Straße Michaela Kaspar
Ronny / Boris / Maurice / Berühmtheit Matthias Mamedof
Dr. Bottle / Rollo / Mann auf der Straße Horst Eder
Inspektor / Zirkusdirektor Klaus Rott
Polizist / Frau mit Hund / Ladenbesitzer Peter Steiner
Die wunderbare Stimme Andreas Kammerzelt
Regie Folke Braband
Ausstattung und Licht Stephan Dietrich
Musik Klaus Erharter
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Sebastian Hellinger
Hospitanz Mirjam Erdem

Kritiken

Kurier – 13.10.2007

Unwiderstehliche Brummbärin

»Guten Morgen!«, sagt Tia Maria, und alle lachen. Tia Maria Perkins hat nämlich eine ganz tiefe Stimme wie ein Brummbär aus den tiefsten Wäldern Kanadas. Eine Stimme, die ihr naturgemäß großen Kummer bereitet. Und ihre eigene, die unbekümmerte, unverwechselbare Tia-Maria-Plapperstimme, ist spurlos verschwunden.

Alan Ayckbourn, der britische Meister des schrägen Humors, hat wieder einen Coup gelandet: Mit seinem »Geheimnis der verzauberten Stimme«, kurzweilig in Szene gesetzt von Folke Braband, trifft er genau den Nerv der Kinder. Als es am Ende zum alles wieder gut machenden Stimmentausch kommt, herrscht im Renaissancetheater in der Neubaugasse eine Stimmung wie bei einem Popkonzert.

Publikumsliebling – und das zu Recht – ist Tia Maria Caroline Athanasiadis, Alexander Jagsch sorgt als Erzähler gekonnt dafür, dass das Stück nie an Schwung verliert. Rudolf Otahal, der berühmte Opernsänger Enzo Grandiosi, erinnert in seiner quietschbunten Exaltiertheit eher an die bunten Vögel des Life Ball als an Pavarotti oder Domingo. Beste Kinder-Unterhaltung.

Susanne Lintl


Die Presse – 13.07.2007

Hilft nichts, doch ein Spaß

Noch viel wunderbarer als Ernst Grissemann oder Frank Hoffmann: So klingt die Stimme des Marktschreiers, viele beneiden ihn darum: Sein durchdringendes »Aufgepasst und zugehört!« fasziniert auch Klein Tia Maria (Caroline Athanasiadis). Ja, Tia Maria – wie der Likör. Im Renaissancetheater verrät das Theater der Jugend »Das Geheimnis der verzauberten Stimme« von Alan Ayckbourn: Jeder Mensch ist – wie seine Stimme, ein besonderes Organ – einzigartig; und wenn man sich selbst verrät, macht das nicht glücklicher.

Kein Fantasia, kein Wunder – die Geschichte spielt, very british, im Alltag. Und ist doch überzeichnet wie im Zeichentrick. Ein Moderator, eine Persiflage auf Harald Schmidt, präsentiert das Stück. Diese Mediatisierung mag erst unsympathisch scheinen – tatsächlich bringt sie eine Märchenstruktur zurück. Der Moderator als Erzähler: Wie beim Vorspulen fasst er Sequenzen zusammen, während die übrigen Schauspieler stumm in Zeitraffer weiterspielen. Weiteres Plus für den Schmidt-Verschnitt: Er ist nicht allwissend, auch er wundert sich, als Dr. Bottle der großartig energischen Tia Maria 40 Tropfen von dieser, 80 Tropfen von jener Medizin verschreibt, einzunehmen 48 Mal pro Tag. Das Mädchen hat seine Stimme verloren, weil es die des Marktschreiers wollte. Der Moderator schüttelt – synchron zu den Familienmitgliedern – den Kopf. Die schlüssige Choreografie macht die Handlung anschaulicher.

Niemand kann Tia Maria helfen: nicht der Arzt, nicht der hysterische Stimmspezialist, nicht die Baronin, die das Mädchen schroff in ihrem Schloss empfängt. Zum Verbleib der Stimme gibt die Polizei (als Inspektor: »Mundl«-Sohn Klaus Rott) wertlose Hinweise. Hilft nichts, die Amtshandlung ist schließlich erfolgreich. […] – ein großer Spaß.

trick


Kronenzeitung – 11.10.2007

Ayckbourn vom Feinsten

Quader, atmosphärisches Licht, Musik: Die Mittel sind schlicht. Für den Zuschauer, der unter Info-Reizüberflutung leidet, ist der Besuch der Produktion »Das Geheimnis der verzauberten Stimme« im Renaissancetheater wirklich erholsam! Für alle Sinne!

Die Erstaufführung des Alan-Ayckbourn-Stücks »Das Geheimnis der verzauberten Stimme« besticht durch Atmosphäre, Dichte, Charme: Kind, Mann und Frau müssen da ihre Phantasie benützen, um das Bühnenbild mit Worten (Stephan Dietrich) zu komplettieren und den Handlungsverlauf klarzumachen. Die Konzentration auf die einzelnen Personen lässt Platz für das »eigene Theater im Kopf«.

»Star« des 12-Personen-Stückes ist Caroline Athanasiadis als Tia Maria Perkins, die in Sprache, Gestik und Bewegung überaus präsent ist. Sie und mit ihr Darsteller wie Matthias Mamedof, Klaus Rott, Rudolf Otahal, Uwe Achilles geben ihren Rollen durch Vielfalt der Gesten Charakter.

Für die Kinder, die durch die hochmotivierten Schauspieler gekonnt in die Geschichte eingebunden werden, war die Botschaft klar: Theater gewinnt wieder Phantasie und damit ein Stück der Magie zurück, die es eigentlich immer besitzen sollte. …

Florian Krenstetter


Wiener Zeitung – 11.10.2007

Die eigene Stimme finden

Tia Maria ist ein Plappermaul. Und als sie einen Ausrufer mit einer ihrer Meinung nach besonders schönen Stimme hört, meint sie, ihre Bestimmung gefunden zu haben. Sie übt schreien, sie träumt davon, und eines Morgens ist ihre Stimme weg. Nach mehrtägiger Behandlung kann sie wieder sprechen, doch, was für eine Stimme kommt aus ihrem Mund? »Das Geheimnis der verzauberten Stimme« von Alan Ayckbourn ist ein köstlich schräges Stück mit ernstem Hintergrund: jeder Mensch ist einzigartig, dazu trägt auch die Stimme bei. Und wer versucht, jemand anders zu sein, verliert sich selbst.

Folke Braband inszenierte im Renaissancetheater für das Theater der Jugend einfallsreich, unterstützt durch fantasievolle Ausstattung (Stephan Dietrich) und die Musik von Klaus Erharter. Mitreißend ist Caroline Athanasiadis als Tia Maria, die – dank technischer Tricks – mit unterschiedlichen Stimmen redet. Vergnügen bereiten unter anderem Rudolf Otahal als Opernsänger, Klaus Rott als penibler Polizeibeamter, Matthias Mamedof als Bauchrednerpuppe und Johannes Zeiler als Bauchredner.

Vergnüglich.

Lona Chernel