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  • Pünktchen und Anton Pünktchen und Anton
 

2006/2007

Pünktchen und Anton 6 +

von Erich Kästner
in einer Fassung des Theaters der Jugend
von Markus Felkel

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 17. April 2007 - 14. Mai 2007
Premiere: 18. April 2007
Regie: Frank Panhans

»Ich wünsche jedem von euch einen guten Freund. Und ich wünsche jedem von euch die Gelegenheit zu Freundschaftsdiensten, die er jenem ohne sein Wissen erweist. Haltet euch dazu, zu erfahren, wie glücklich es macht, glücklich zu machen!«

»Mut beweist man nicht mit der Faust allein, man braucht den Kopf dazu.«


Erich Kästner

Weil Luise die ersten Jahre ihres Lebens nicht wachsen wollte, wurde sie kurzerhand Pünktchen genannt. Und Pünktchen hat alles, was sie braucht: reiche Eltern, ein großes Haus mit Garten, ein Kindermädchen, und was das Wichtigste ist, einen besten Freund – Anton. Doch der ist arm, lebt mit seiner kranken Mutter in einer kleinen Wohnung, und damit beide über die Runden kommen, muss Anton neben der Schule noch Geld verdienen und seiner Mutter bei der Hausarbeit helfen. Nichts wünscht sich Anton so sehr wie Urlaub für seine Mutter. – Sie soll gesund werden und wieder lachen anstatt ständig zu husten.

Anton schämt sich, dass er und seine Mutter so arm sind, und nicht einmal Pünktchen kann ihn wirklich trösten. Da hat sie die vermeintlich rettende Idee: Sie will für Anton betteln gehen! Gesagt, getan. Zusammen mit ihrem Kindermädchen Fräulein Andacht macht sie sich an die nächtliche Arbeit, und schon bald kommt ein wenig Geld in die Kasse. Doch Pünktchen und Anton haben die Rechnung ohne den Freund von Fräulein Andacht gemacht – denn der ist, was die Erwachsenen einen »Kriminellen« nennen. Mit vereinten Kräften sollen sie seinen Machenschaften ein Ende bereiten – ob sie es schaffen, gegen einen Erwachsenen zu kämpfen?

Dass Armut nicht immer etwas mit Geld zu tun haben muss, und es gar nicht einfach ist, Freundschaft trotz gesellschaftlicher Barrieren wachsen zu lassen, erzählt – in einer Neuadaption des Theaters der Jugend – Erich Kästners berühmter Vorkriegsroman. Als einer der ersten Analytiker des Phänomens »Wohlstandsverwahrlosung« macht sich Kästner mit seinem Roman zum engagierten Anwalt der Kindernöte.


Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Uwe Weitendorf, Hamburg

Besetzung

Pünktchen Pogge Johanna Paschinger
Anton Gast Rafael Schuchter
Frau Pogge Pia Baresch
Herr Pogge Uwe Achilles
Frau Gast/Clown Pilar Aguilera
Berta Regina Schweighofer
Franziska Andacht Bernadette Abendstein
Roberto/Herr Bremser Markus Schramm
Signor Angelo/Funpark-Maskottchen Peter Steiner
Max Klepperbein Michael Schusser
Anna/Reporterin/Frau im Café Marie-Luise Haugk
Sebastian/Polizist/ Waisenjunge Simon/Mann im Café Roman Blumenschein
Geldverleiher Haberkuß/ Polizist/Kameramann Klaus Rott
Gäste im Café Sommerlatte/ Passanten in der Fußgängerzone/ Besucher im Funpark Bernadette Abendstein, Uwe Achilles, Pia Baresch, Roman Blumenschein, Marie-Luise Haugk, Klaus Rott, Markus Schramm, Rafael Schuchter, Michael Schusser, Regina Schweighofer, Peter Steiner
Regie Frank Panhans
Bühne und Licht Tom Presting
Kostüme Polly Matthies
Musik Thomas Zaufke
Choreographie Sabine Bartosch-Ziegler
Dramaturgie Markus Felkel
Assistenz und Inspizienz Sebastian Hellinger
Hospitanz Veronika Krenn

Kritiken

Kurier – 30.04.2007

Wenn die Haushälterin fünf Mal zuschlägt

Gegen Ende hin ist die Stimmung am Kochen: Wenn nämlich die bis dahin so höfliche Haushälterin der doofen, neureichen Pogges, Frau Berta, den Einbrecher mit ein paar gezielten Kung-Fu-Schlägen niederstreckt. »Eine Ninja-Haushälterin«, jubelt mein 8-jähriger Sohn, »die ist echt cool«.

Wahrscheinlich würde sich Erich Kästner freuen, wenn er die Umsetzung seines 1931 geschriebenen Kinderbuch-Klassikers »Pünktchen und Anton« des Theaters der Jugend im Renaissancetheater sehen könnte. Denn seine Themen sind alt, aber aktueller denn je: das Auseinanderfallen unserer Gesellschaft in Arm und Reich sowie die Wohlstandsverwahrlosung reicher Kinder. Dass das reiche Pünktchen in der Nacht sein Spielzeug verkaufen geht, um dem armen Anton mit seiner kranken Mama über die Runden zu helfen, ist allerdings heutzutage undenkbar.

Regisseur Frank Panhans gelingt es gut, die tiefe Freundschaft von Pünktchen und Anton über alle gesellschaftlichen Barrieren hinweg herauszuarbeiten. Wobei spürbar die Chemie zwischen Johanna Pachinger (Pünktchen) und Rafael Schuchter (Anton) stimmt. Überhaupt scheint das Ensemble sehr homogen: Pia Baresch (Frau Pogge), Uwe Achilles (Herr Pogge), Bernadette Abendstein (Frl. Andacht), Regina Schweighofer (Berta) und Polizist Klaus Rott haben sichtlich Freude am Spiel. Die bunten Kostüme (Polly Matthies) und das fröhliche Bühnenbild (Tom Presting) ergänzen das Bild.

Nette zwei Stunden, die einen dazu motivieren, Kästners Buch wieder zu lesen.

Susanne Lintl


Kronen Zeitung – 22.04.2007

Kleine Helden in Not

Viele Geschichten schrieb Erich Kästner für Kinder, die auch für Erwachsene Pflichtlektüre sein sollten! Und fast alle sind zeitlos wie jene von »Pünktchen und Anton«, die 1929 (!) erschienen ist und nun im Renaissancetheater als zeitgemäßes Theaterstück reüssiert.

Kästners kleine Helden treten oft paar- oder rudelweise auf! Frech sind sie, und fröhlich, aufmüpfig und kleine Persönlichkeiten mit Gerechtigkeitssinn. So auch Pünktchen, das Wohlstandskind aus dem Hause Pogge, und Anton, der fleißige, aber überforderte Junge mit kranken Mutter. »Verwahrlosung« und Kinderarbeit, die Armut weiter Teile der Welt und das Diktat des Geldes sind einige der Themen, die sich da herauslesen lassen.
Über Elternressentiments hinweg stehen Pünktchen und Anton in der Not zueinander: Markus Felkel hat mit seiner Bühnenfassung den Spagat von Kästners Damals zum Heute perfekt geschafft. Frank Panhans' bunte, flotte, auch ein wenig nostalgisch wirkende Inszenierung (Kostüme: Polly Matthies) im rasch wandelbaren Bühnenbild von Tom Presting tut ein Übriges für »Unterhaltung« mit tieferem Sinn. Den Zeigefinger benutzt Panhans nicht, die Sache wird verschmitzt präsentiert von Typen »quer durch alle Gesellschaftsklassen«. Und das Böse? Das bekommt vom kleinen Publikum sowieso immer Buhrufe! Wirklich!
Jubel gab's für »Pünktchen« Johanna Paschinger und »Anton« Rafael Schuchter. Zwei, die sich mit Witz, Phantasie und Lust an der Schauspielerei wie Große in der Erwachsenenwelt behaupten. Da sind aber auch Pilar Aguilera als liebende und leidende Mutter Antons, Pia Baresch und Uwe Achilles (als erfolgreiche Designer-Eltern Pogge, die ihr Kind lieben, aber vernachlässigen), die hinreißend komische Perle Berta von Regina Schweighofer, das schrille, aber gutherzige Au-Pair-Mädchen Franziska von Bernadette Abendstein, der kleine Italo-Ganove Roberto von Markus Schramm und die vielen anderen: Angestrengte Zeitgeist-Prediger brauchen sie keine zu sein!

Thomas Gabler