Sprungnavigation:
  • Geheime Freunde Geheime Freunde
 

2004/2005

Geheime Freunde 11 +

von Rudolf Herfurtner
nach dem Roman »Der gelbe Vogel« von Myron Levoy
in einer Fassung für das Theater der Jugend

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 15. Oktober 2004 - 18. Dezember 2004
Premiere: 19. Oktober 2004
Regie: Frank Panhans

»Gar nicht so übel – geheime Freunde; die geben sich nicht zu erkennen, weder auf der Straße noch im Treppenhaus. Sonst wäre es ja nicht mehr geheim. So könnte es gehen. Einen geheimen Freund, den wünscht sich doch jeder. Er würde es schon hinkriegen.«

Myron Levoy. Der gelbe Vogel

Sommer 1944 im New Yorker Stadtteil Queens: Alan Silverman hat's schwer. Statt mit seinen coolen Freunden im Hinterhof Baseball spielen zu dürfen, verdonnert ihn seine Mutter, sich um das merkwürdige neue Nachbarsmädchen zu kümmern, das gerade aus Europa nach New York herübergekommen ist. Naomi heißt sie, spricht kein Wort und läuft zu allem Überfluss auch noch mit einer eigenartigen Puppe durch die Gegend. Im Handumdrehen ist man da in den Augen der Sportsfreunde ein »Weichei«, das sich mit einer »Verrückten« abgibt.

Doch hinter Naomis seltsamem Verhalten lauert eine schreckliche Geschichte, der Alan mehr und mehr auf die Spur kommt … Denn Naomi hat bereits vieles erfahren, was anderen Mädchen in ihrem Alter erspart geblieben ist. Mit viel Behutsamkeit und Geduld gelingt es dem Jungen, Zugang zu Naomis Wesen zu gewinnen, und eine »geheime Freundschaft« entspinnt sich, die schon bald auf eine harte Probe gestellt wird.

»Geheime Freunde«, basierend auf Myron Levoys Roman »Der gelbe Vogel«, begeistert seit vielen Jahren seine jugendlichen Leser. Spielerisch setzt sich der Stoff mit Themen wie Ausgrenzung und Verfolgung auseinander. – Ein Plädoyer für Zivilcourage.


Aufführungsrechte: Verlag der Autoren, Frankfurt/Main

Besetzung

Ruth Silverman Regina Schweighofer
Alan Silverman Dennis Cubic
Shaun Kelly Martin Andreas Greif
Joe Condello Matthias Mamedof
Naomi Kirschenbaum Silvia Meisterle
Regie Frank Panhans
Bühnenbild und Lichtgestaltung Tom Presting
Kostüme Polly Matthies
Puppencoach Cordula Nossek
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Eva-Maria Gsöllpointner

Kritiken

Wiener Zeitung – 21.10.2004

Ewiges Trauma?

New York 1944. Alan Silverman vergnügt sich mit seinen Freunden beim Baseball. Auch Kinobesuche stehen auf der Tagesordnung. Die Burschen albern herum, klopfen starke Sprüche. Doch Alan hat es nicht ganz leicht in dem Kreis, denn als Jude ist er manchen Anfeindungen ausgesetzt. Da überredet ihn zu allem Überfluss seine Mutter auch noch, sich um das als »verrückt« geltende Nachbarsmädchen anzunehmen. Was in den Augen von Halbwüchsigen selbstverständlich völlig »uncool« ist. Naomi ist erst vor kurzem mit ihrer Mutter aus Europa gekommen. Sie hat Furchtbares mitgemacht und ist völlig verstört. Langsam gelingt es Alan aber, Naomis Vertrauen zu gewinnen. Doch, wird die Besserung ihres Zustandes auch Belastungsproben standhalten?

Das brisante, leider immer aktuelle Problem, durch Gewalt (gleich welcher Art) traumatisierter Kinder, wird hier packend, spannend und berührend präsentiert. Der deutsche Schauspieler Frank Panhans lieferte eine optimale Inszenierung und führte sein Darstellerteam behutsam.

Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich Erwachsene in Haltung, Gefühl, Sprache in Kinder verwandeln. Beklemmend ist Silvia Meisterle als Naomi, mitreißend Dennis Cubic als Alan. Martin Andreas Greif und Matthias Mamedof verkörpern glänzend zwei wilde Halbwüchsige.

Lona Chernel


Kronen Zeitung – 21.10.2004

Das Leid von Naomi

Man schreibt das Jahr 1944: Auch im New Yorker Stadtteil Queens ist der miese Atem der Nazi-Diktatur in Deutschland zu spüren, dringen Verfolgung, Ausgrenzung und Krieg in die Gehirne des Baseball-Trios Alan, Shaun und Joe. Noch dazu zieht das seltsame Mädchen ins Haus vis-à-vis – und Alans Leben beginnt sich zu ändern, eine geheime Freundschaft entsteht mit dem im Schock über den Mord an ihrem Vater verstummten Flüchtling aus Europa … Aller jugendliche überschwang wird gebremst, das Leid dringt in die Jungenrealität.

Dennis Cubic schafft als Alan den Spagat zwischen fröhlichem Jungen-Dasein und kindlicher Betroffenheit. Er erträgt die Foppereien seiner Kumpane, pendelt zwischen Ballspiel auf der Straße und Seelenerforschung bei der neuen, rothaarigen Freundin mit der Puppe Yvette hin und her. Sein Begleiter bei der schwierigen Mission, das Mädchen aus der Isolation zu locken, ist ebenfalls eine Puppe: Charly!

Silvia Meisterle als Naomi ist gekennzeichnet vom Bösen, das sie in Frankreich sah, vom Schrecklichen, das ihr widerfuhr. Als dünnes Kind mit starrem Blick lässt sie das Leben kurz in sich aufflammen, um sich nach einem neuen Schock gänzlich ins Innere zurückzuziehen. Die Liebe von Alans Mutter (Regina Schweighofer) und die Reue nach roher Gewalt von Shaun (Martin Andreas Greif) und Joe (Matthias Mamedof) kommen da zu spät.

Thomas Gabler


Falter – 27.10.2004

Aus den Lautsprechern kommt altertümlicher Jazz wie in einem Woody-Allen-Film, unbeschwert schwingen drei Burschen die Baseballschläger: Davon, dass in Europa der Zweite Weltkrieg tobt, ist in New York 1944 nicht viel zu merken. Von den Gräueln des NS-Regimes erzählt Rudolf Herfurtners Stück »Geheime Freunde« (bis 20.12.) aus der Distanz und um die Ecke: Teenager Alan hat die schwierige Aufgabe übernommen, sich um das merkwürdige Nachbarskind Naomi zu kümmern. Seit ihr Vater vor ihren Augen von den Nazis zu Tode geprügelt wurde, leidet das Mädchen unter einem schweren Trauma; Alan versucht, ihr Vertauen zu gewinnen. Die ungewöhnliche Liebesgeschichte, die sogar ohne Happy End auskommen muss, wird im Theater im Zentrum für Besucher ab elf Jahren gespielt; die beiden Hauptdarsteller (Dennis Cubic, Silvia Meisterle) sind ein sympathisches Paar, dem Regisseur Frank Panhans ruhig ein bisschen mehr Romantik hätte gönnen können.

Wolfgang Kralicek


Kurier – 22.10.2004

Gut gemeinter Versuch

Alan Silverman ist ein braves Kind im New York des Jahres 1944: Nur weil die Mutter es will, verzichtet der Junge auf sein geliebtes Baseball, kümmert sich um das sonderbare Nachbarsmädchen Naomi Kirschenbaum und dringt dabei immer tiefer in die Seele des traumatisierten Kindes vor. Es ist kein leichter Stoff, den Regisseur Frank Panhans im Theater im Zentrum auf die Bühne gestemmt hat. Denn Rudolf Herfurtners Stück »Geheime Freunde« nach dem Roman »Der Gelbe Vogel« von Myron Levoy behandelt Themen wie Mutismus, Schuldgefühle, Persönlichkeitsstörungen, Rassismus und Holocaust.

Peter Jarolin


Die Presse – 22.10.2004

»Geheime Freunde«: Ein politisch ganz korrektes Stück über Ausgrenzung und Krieg.

Frank Panhans hat Myron Levoys Roman »Der gelbe Vogel« für das Theater im Zentrum sehr behutsam in Szene gesetzt: Wohltuend, dass er ohne trashige Szenen und ohne viel Brimborium auskommt. Die Bühne ist fast leer, die Darsteller tragen, wie im New York der vierziger Jahre üblich, Tweedhosen und klein karierte Kleidchen.

Glänzend sind die Schauspieler: Dennis Cubic verleiht dem Alan doch noch einen gewissen Schalk, Silvia Meisterle überzeugt als verstörte Naomi.

Daniela Tomasovsky