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Spielplan 2024/2025

Heidi 6 +

nach dem Roman von Johanna Spyri
von Thomas Birkmeir

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 03. Dezember 2024 - 19. Januar 2025
Premiere: 05. Dezember 2024
Dauer: 02:20 inkl. Pause
Regie: Claudia Waldherr

»Guten Tag, wir möchten beide wieder die Schweiz besuchen, nicht wahr? Wiesen, die sich vor unseren Augen ausbreiten, blauer Himmel und grandiose Berge. Dort auf dem Walkman die Heidi-CD hören … das ist ein Zustand des höchsten Glücks.«

Tatsuno, japanischer Heidi-Fan, auf einer der zahllosen japanischen Heidi-Fansites im Internet

Mit dem Aufstieg des Waisenmädchens Heidi über einen schmalen Berggrat zu seinem Großvater auf die Alm begann auch der Aufstieg einer der berühmtesten Figuren auf der »ewigen Hitliste« der Kinderweltliteratur.
Vom Großvater, dem raubeinigen Alm-Öhi, zunächst abgelehnt, gewinnt sie dessen Herz durch entwaffnende Offenheit und pure Lebensfreude. Heidi ist gut, Heidi hilft, Heidi ist für alle da. Für den verstockten Geißenpeter und die blinde Großmutter genauso wie für die einsame, auf den Rollstuhl angewiesene Klara. Und alle lieben Heidi?
Nein, denn sie wird herumgeschubst – von den Erwachsenen und besonders von Fräulein Rottenmeier. Und Heidi verweigert sich, verweigert zu essen – und wird kränker als alle, denen sie gerne helfen möchte. Nur ein Wunder kann Heidi retten – und das Leben hält es für sie bereit!

Die Heidi-Romane haben siebenstellige Auflagen erreicht, und es ist wenig vermessen, von einem »modernen Mythos« zu sprechen. Ohne Zweifel ist das »einfache« Mädchen die berühmteste Schweizerin – weit vor Wilhelm Tell oder dem neuen ESC-Star Nemo.
Grund genug für das Theater der Jugend, dem Mythos Heidi zu folgen und der Frage nachzugehen, woraus im Internetzeitalter diese Berg- und Talgeschichte ihre Kraft bezieht und warum sie – im Gegensatz zu vielen anderen ähnlichen Büchern – so spielerisch den Leser*innengeschmack des neunzehnten Jahrhunderts überleben konnte.


Aufführungsrechte: Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co. GmbH, Wien

Besetzung

Heidi Franziska Maria Pößl
Geißen-Peter / Ministrant / Diener Jonas Graber
Alm-Öhi / Dorflehrer / Koch Frank Engelhardt
Erzählerin / Bäuerin / Hausmädchen Sascia Ronzoni
Fräulein Rottenmeier / Großmutter / Großbauer Karoline-Anni Reingraber
Klara / Jungbäuerin Shirina Granmayeh
Sebastian / Pfarrer Uwe Achilles
Regie Claudia Waldherr
Bühnenbild Daniel Sommergruber
Kostümbild Natascha Maraval
Licht Christian Holemy und Barbara Zukal
Musik Severin Salvenmoser
Dramaturgie Sebastian von Lagiewski
Assistenz und Inspizienz Lukas Spring
Hospitanz Elizaveta Bezman

Kritiken

kurier.at – 06.12.2024

"Heidi" im Theater der Jugend: Anarchie auf der Alm

Der leicht aktualisierte und unterhaltsam inszenierte Klassiker macht sehr viel Freude - nicht nur den Kindern.

Heidi geht immer. Das unterstreichen nicht nur die zahlreichen Heidi-Filme, Heidi-Comics, Heidi-Animationsserien in 3-D-Optik und Heidi-Musicals, die in den vergangenen Jahren neu auf den Markt gekommen sind. Alle basieren auf der Schweizer Kinderbuchserie von Johanna Spyri. Heidi geht immer. Weil das Waisenkind mit dem frechen Mundwerk, dem Sturschädel und dem großen Herz für Mensch und Tier einfach zeitlos ist. Dagegen kann niemand, auch die wokesten Menschen unter diesem Himmel, ernsthaft etwas haben.
Die Figur hat mittlerweile fast 150 Jahre auf dem Buckel und wird immer wieder neu entdeckt. Aktuell gerade vom Theater an der Jugend in Wien. Dort ist der Kinderbuch-Klassiker in einer Bearbeitung von Thomas Birkmeir zu sehen – inszeniert von Claudia Waldherr.

Abkürzungen

Die Erzählung schlängelt sich entlang der Meilensteine der Originalgeschichte, die einen (obwohl man sie schon mehrfach gesehen hat) immer noch berührt. Da man nicht den ganzen Tag im Theater sitzen kann, werden Abkürzungen genommen und Kapitel übersprungen bzw. von der Erzählerin Sascia Ronzoni zusammengefasst. 
Ronzoni spielt großartig, taucht immer im richtigen Moment auf der Bühne auf, gibt Heidi als unsichtbare Mutmacherin Ratschläge ("Aufgeben ist keine Option!"), nimmt das Publikum bei der Hand und führt es von einer Szene zur nächsten. Heidi wird übrigens von Franziska Maria Pößl (ebenfalls großartig) gespielt – eine gute Wahl. Ihr nimmt man das Aufsässige sowie die Freiheits- und Naturliebe vollkommen ab. Man sieht ihr gerne zu, wie sie dem Peter (Jonas Graber) die Meinung geigt, ihn aber auch mit Herzerl in den Augen ansieht. 
Besonders gelungen und lustig ist die Szene, als Heidi ihrem Opa (wuchtig verkörpert von Frank Engelhardt) die Haare schneidet, damit er nicht mehr so verwildert aussieht. Dabei wird auch noch der Bart gestutzt, die Ohren- sowie Nasenhaare ausgerissen. Aua! "Nur die Spitzen!", fleht der Öhi. Einer der vielen neu hinzugefügten und gut funktionierenden Pointen.

„Disziplin und Kultur!“

Die Geschichte wurde sanft upgedatet: Die Bewohner des Schweizer Dorfs Maienfeld sind gegen alles Neue, alles Fremde – gegen alles, was nicht ihrem „Reinheitsgebot“ entspricht. Dazu gehört auch der Öhi, der Anarchist auf der Alm, dem ein Mord nachgesagt wird. Das sind zwar alles nur Gerüchte, aber einmal behauptet, bleibt behauptet. Man kennt es aus Social-Media-Blasen: Emotion pur, Fakten spielen keine Rolle mehr. Man braucht sich ja nur ansehen, wie der Öhi dort oben haust, wie er aussieht – so ungepflegt, grindig. Und in der Kirche war er auch schon ewig nicht mehr, dieser Wurzelsepp. Mit dem stimmt doch etwas nicht. Wegsperren sollte man ihn. Angestachelt vom Großbauern (Karoline-Anni Reingraber), der eine rabiate und nationalistische "Mir-san-mir"-Mentalität an den Tag legt, wollen die Dorfbewohner auch nicht, dass Heidi, die plötzlich vor ihnen steht, zu ihrem Opa auf die Alm geht. Stattdessen soll sie direkt in kirchliche Obhut gebracht werden.
In Frankfurt, wohin Heidi später zur Erziehung zwangsverschickt wird, arbeitet man im Heim unter Führung von Fräulein Rottenmeier (ebenfalls Karoline-Anni Reingraber) an Konzepten, mit denen man „die Welt am deutschen Wesen genesen lassen“ will. „Disziplin und Kultur!“ lautet hier das Bildungsziel. Heidi soll zur Adelheid werden: „Heidi ist ja kein christlicher Name!“

Heimweh und Weltreise

Heidi findet in der Stadt zwar mit Klara (Shirina Granmayeh) eine neue Freundin und hat auch ihren Spaß mit der nervigen Rottenmeier, aber sie plagt das Heimweh - und wird krank. Sie vermisst die Berge – und vor allem den Großvater und den Peter. Doch die beiden kommen bald mit dem Zug angereist, um Heidi mit nach Hause zu nehmen. Davor geht es aber noch auf Weltreise – auf Safari nach Afrika, zum Riesenfrosch in den Dschungel und zum Himalaya, wo auch noch der Yeti, der dem Großvater ähnlich sieht, gesichtet wird. Ende gut, alles gut.
Heidi geht immer, vor allem, wenn das Stück dermaßen gut gespielt, gefällig, flott und einfühlsam inszeniert wird. Ein Theaterbesuch, der nicht nur den Kindern Freude bereitet.

Marco Weise


Falter – 08.12.2024

Denn dort oben bist du zuhaus

Von überall her kommt das Jodeln. "Heidi" beginnt eindrucksvoll mit Gesang von allen Seiten des Theatersaals. Und prompt befinden wir uns in den Schweizer Bergen, wo das fröhliche Waisenmädchen Heidi (Franziska Pößl) zum Großvater, dem griesgrämigen Alm-Ohi, geschickt wird. Dort freundet sie sich mit dem Ziegenpeter an und gedeiht überhaupt sehr prächtig. Bis die engstirnigen Leute aus dem Dorf sie in die Stadt schicken, wo sie Klara, einem Mädchen im Rollstuhl, eine Freundin sein soll. Die Fassung von Thomas Birkmeir in der Regie von Claudia Waldherr hält sich nicht wirklich streng an Johanna Spyris Original: Zum Schluss gehen alle miteinander auf Weltreise. Überraschung!

Sara Schausberger


Der Standard – 11.12.2024

Polyglotte "Heidi" im Theater der Jugend in Wien

Die Bühnenfassung von Thomas Birkmeir führt das Schweizer Kind aus den Romanen von Johanna Spyri im Renaissancetheater in die weite Welt hinaus

Heidi von Johanna Spyri löst seit 1880 identifikatorische Freude bei jungen Leserinnen und Lesern aus. Das Kind (Franziska Maria Pößl) schafft es nicht nur, den grantigen Großvater umzustimmen, sondern auch noch die überfürsorglich beschützte Rollstuhlfahrerin Klara (Shirina Granmayeh) wie durch ein Wunder zum Gehen zu animieren. Und das immer bei bester Laune. Die neue Bühnenfassung von Theater-der-Jugend-Intendant Thomas Birkmeir versagt sich zwar dem nationalmythologischen Narrativ von der heilbringenden Bergwelt – etwa indem Heidi, Klara, Öhi & Co zum Schluss eine Weltreise antreten, sich also polyglott statt heimattümelnd engagieren. Ein 19.-Jahrhundert-Märchen bleibt diese Heidi aber schon.

Claudia Waldherr, 1990 in Waidhofen an der Thaya geboren, verzichtet in ihrem Regiedebüt im Renaissancetheater auf Tannen-Idylle und Gipfel-Blicke, bleibt aber doch ganz dem knorrigen Märchenstil verhaftet. Äste ragen scherenschnitthaft ins Bild, und die Hütte des Öhi (Frank Engelhardt) dreht sich ohne Umstände wie ein Keil herein (Bühne: Daniel Sommergruber). Dort schlürfen er und Heidi Ziegenmilch extralaut aus Schüsseln. Das gefällt den Kindern im Parkett sehr gut.

Geisterjagd

Im starken Kontrast zur freien Welt in Graubünden präsentiert sich im zweiten Teil nach der Pause das "kultivierte deutsche Christenhaus" der Familie Sesemann in Frankfurt, wo Fräulein Rottenmeier (Karoline-Anni Reingraber, auch in der Rolle des Großbauern furchteinflößend) seit eh und je das Regiment führt. Auch der Geißen-Peter (Jonas Graber) erlebt dort seine blauen Wunder – bei der Geisterjagd. Denn Heidi schlafwandelt. Mit schwingendem Rock und Haarkranz treibt Sascia Ronzoni als Erzählerin die Vorstellung voran und heftet Szene an Szene. Und Uwe Achilles gewinnt in der Rolle des subtil widerspenstigen Dieners Sebastian die Sympathien des jungen Publikums. Ein Märchenabend für Kinder ab sechs Jahren.

Margarete Affenzeller


KIJUKU - Kinder, Jugend, Kultur und mehr – 08.12.2024

Heidi – deine Welt ist die Welt

Der Klassiker rund um Heimweh, Gegensatz Land / Stadt, Sturheit – und neue Freund:innen in einer weltoffenen Version im Theater der Jugend in Wien.

„Heimat ist … wo deine Freunde sind!“, steht auf dem großen Sticker und den beiden gezeichneten Ziegen – Schwänli und Bärli. Die gibt’s zum Programmheft von „Heidi“ im Renaissancetheater, dem größeren der beiden Häuser des Theaters der Jugend in Wien. Der Dauerbrenner – Buch, Comic, Animationsfilme und immer wieder auch auf Theaterbühnen (vor zwei Jahren im St. Pöltner Landestheater, bald danach im Kabarett Niedermair, nun – wieder einmal – in Wien) – hat von seinem Charme, aber auch den Botschaften in den rund 145 Jahren seit der Erstveröffentlichung der beiden Bücher von Johanna Spyri wenig bis nichts verloren.

Ausgrenzung

Hin und wieder werden Akzente verlagert, verstärkt, das eine oder andere neue hinzugefügt. Aber der Kern reicht: Junges Mädchen wird Waise und landet beim einzigen verbliebenen Verwandten, dem Großvater, der als Einsiedler, genannt Alm- oder Alp-Öhi (von Oheim, einer altertümlichen Bezeichnung für Onkel) hoch über Maienfeld (Schweizer Kanton Graubünden) zurückgezogen lebt und mit keinem Menschen was zu tun haben will. Ausgegrenzt und mit bösartigen Gerüchten von der feinen Dorfgesellschaft belegt, gelingt es Heidi natürlich das harte Herz des Opas aufzuweichen.

Da muss sie auch schon wieder weg – auf Betreiben der Dörfler‘:innen einerseits – das Mädchen soll Bildung erhalten – und des reichen Frankfurter Wirtschaftstreibenden Sesemann, landet sie in dessen Haushalt – als Spielgefährtin für seine Tochter Klara, für die er kaum bis nie Zeit hat. Und die unter einer Art Glassturz gehalten wird, mit ihrem Rollstuhl darf sie praktisch nie außer Haus. Und bei den Sesemanns herrscht die Karikatur eines Kindermädchens, Fräulein Rottenmeier, an der eine Art Feldwebelin verloren gegangen sein dürfte.

Generalin

Gerade letzteres wird in der Inszenierung im Theater der Jugend – Direktor von Thomas Birkmeir verfasste die Spielversion, Claudia Waldherr inszenierte sie – richtiggehend zelebriert: Mit einem Schuss offenkundiger Kritik an „teutschem“ Militarismus verleiht Karoline-Anni Reingraber dieser Rottenmeier eine Riesenportion Unsympathie und doch einer kräftigen Nuance von Humor und (Selbst-)Ironie. Reingraber schlüpft noch in weitere Rollen, unter anderem die der blinden Großmutter des Geißen-Peters (Jonas Graber), des Ziegenpeters mit dem sich Heidi anfreundet.

Lässt sich nix gefallen

Die erdig aufmüpfige, insbesondere in Frankfurt, wo Heimweh nach den Bergen sie krank werden lässt, alles hinterfragende Heidi, die ähnlich sturschädelig wie ihr Opa sich nichts gefallen lässt, wird von Franziska Maria Pößl erfrischend, herzlich, hinreißend gespielt. Sie ist die einzige, die „nur“ diese Rolle übernimmt. Ihre Kolleg:innen müssen sich wandlungsfähig erweisen. Sogar Frank Engelhardt, als der verwilderte Outlaw auf der Alm, der aber dann als er Heidi ins Herz geschlossen hat, zum Kämpfer wird, agiert auch noch als Koch bei den Sesemanns und als Dorflehrer, der sich mit den anderen Maienfelder:innen gegen den Öhi stellt.

Gegensätzliches spielt auch Uwe Achilles – als strenger und mitunter gar nicht wirklich christlicher Pfarrer im Dorf sowie als Sesemann’scher Diener, der die Befehle der „Generalin“ Rottenmeier mitunter unterläuft.

Erstes Lächeln und Lachen

Im Rollstuhl fährt Shirina Granmayeh als Klara, die durch Heidi – Rottenmeier zum Trotz – erstmals wieder lachen kann und aufblüht. Dass sie letztlich doch aufsteht und geht, ist schon im Roman angelegt  (...) Es gab auch schon Inszenierungen, in denen sie mit Hilfe mit dem Rollstuhl auch auf die Alm zum Öhi kam.

Sascia Ronzoni taucht immer wieder – neben anderen Rollen – als Erzählerin auf. (...) 
Besonders abstoßend findet Heidi in der Sesemann’schen Wohnung die vielen von der Decke hängenden Jagd-Trophäen-Geweihe (Bühnenbild: Daniel Sommergruber).

Weltreise

Am Ende, nachdem Opa und Geißen-Peter, von Klara telegrafisch alarmiert, zur Rettung von Heidis Heimweh in Frankfurt auftauchen, geht’s in dieser Version allerdings (noch) nicht zurück in die Berge, sondern erst noch auf gemeinsame Weltreise – mit der Erkenntnis aus dem eingangs geschilderten Buttons-Spruch: Heimat ist – wo deine Freunde sind!“

kijuku_heinz
kijuku.at/buehne/heidi-deine-welt-ist-die-welt/

Heinz Wagner


Materialien

Unsere theaterpädagogischen Materialien zu »Heidi« bieten Ihnen Informationen, Fragebögen, Spiele und Szenenvorschläge! So können Sie die besuchte Aufführung mit Ihrem Kind oder Ihrer Klasse auf fantasievolle Weise vor- und nachbereiten.

Klicken Sie hier um die Materialien herunterzuladen.

Bei eventuellen Fragen und für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an [YjY0dGFnOmp1bGlhLnZhbmRlaG9mQHRkai5hdA==]