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  • Emil und die Detektive Emil und die Detektive
 

2014/2015

Emil und die Detektive 6 +

von Erich Kästner
in einer Fassung von Gerald Maria Bauer

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 29. November 2014 - 24. Januar 2015
Premiere: 02. Dezember 2014
Dauer: 01:50
Regie: Gerald Maria Bauer

»Die Stadt war so groß. Und Emil war so klein.
Und kein Mensch wollte wissen, warum er kein Geld
hatte und warum er nicht wusste, wo er aussteigen
sollte. Vier Millionen Menschen lebten in Berlin und
keiner interessierte sich für Emil Tischbein.«

Erich Kästner. Emil und die Detektive

Zum ersten Mal ist Emil Tischbein in überaus wichtiger Mission unterwegs! Er darf in den Ferien für einige Tage zu seiner Cousine Pony Hütchen in die Großstadt, nach Berlin!
So eine Zugfahrt ganz allein kann ziemlich aufregend sein, vor allem dann, wenn im selben Abteil ein eigenartig verschlagener Mann namens Grundeis sitzt und sich bemüht, den jungen Fahrgast ständig in ein Gespräch zu verwickeln. Dass der was auf dem Kerbholz hat, das spürt Emil sofort.
Und tatsächlich: Kaum ist er ein wenig eingenickt, wird Emil zum Opfer eines gemeinen Verbrechens.
Als der Zug plötzlich scharf bremst, fällt Emil nicht nur von der Bank, sondern auch aus allen Wolken – sein Geld ist weg, und sein merkwürdiger Sitznachbar versucht gerade, sich aus dem Staub zu machen! Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich dem dubiosen Grundeis an die Fersen zu heften, und das quer durch das riesige Berlin. In dieser hektischen Stadt, das muss Emil bald verspüren, kann man sich in so einer Situation ganz schön einsam fühlen. Wäre da nicht ein anderer Junge namens Gustav mit der Hupe, wer weiß, wie die Geschichte dann ausginge.
Kurz und Gut: Gustav trommelt einige seiner Freunde zusammen, und viele andere Kinder-Detektive schließen sich unter »Parole Emil« mit einem gemeinsamen Ziel zusammen: diesem Grundeis gehörig das Handwerk zu legen.
Was folgt, ist eine berauschend gefährliche Verfolgungsjagd durch den Großstadtdschungel, der von allerlei aufgeweckten Kerlchen bevölkert wird.
Erich Kästner, der selbst mit erstem Vornamen eigentlich »Emil« hieß, entführt uns mit seinem nach wie vor spannend geschriebenen Plädoyer für Solidarität in das Berlin der 1930er Jahre.

Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Weitendorf, Hamburg

Besetzung

Emil Tischbein Michael Zwiauer
Ida Tischbein, Emils Mutter Pia Baresch
Pony Hütchen Tanja Raunig
Großmutter Doris Prilop
Gustav mit der Hupe Matthias Hacker
Der Professor Rafael Wieser
Der kleine Dienstag Anatol Käbisch
Mittenzwey Florian Feik
Herr Grundeis Rainer Doppler
Dr. Kästner / Wachtmeister Jeschke Michael Schusser
Frau Wirth / Dicke Dame im Zug / Kassierin in der Bank Doris Prilop
Dame mit Gans Anatol Käbisch
Ein Zeitungsjunge Florian Feik
Straßenbahnschaffnerin Rafael Wieser
Kellnerin im Café Josty Pia Baresch
Emils Schulkameraden / Aufgebrachte Neustädter / Reisende am Bahnhof Zoo / Straßenbahnfahrgäste / Kinder in Berlin Ensemble
Regie Gerald Maria Bauer
Bühne und Videogestaltung Sam Madwar
Kostüme Irmgard Kersting
Licht Christian Holemy
Dramaturgie Wolfgang Türks
Assistenz, Inspizienz Felix Metzner
Regiehospitanz Severin Mauchle
Kostümhospitanz Tamara Holzweber

Kritiken

Der Standard – 04.12.2014

Mit Emil Tischbein ins "Jazz Age" - Das reine Vergnügen: Kästners "Emil und die Detektive" im Theater der Jugend

Erich Kästners Emil und die Detektive erzählt die Geschichte eines unerhörten Aufbruchs in die Freiheit. Emil Tischbein (Michael Zwiauer) reist mutterseelenallein von Neustadt nach Berlin. Es gärt in Deutschland. In der Provinz lassen sich Bäckermeisterinnen nach der Mode der "Roaring Twenties" ondulieren. Emil trägt eine Unmenge Geldes mit sich herum. Ein Herr mit steifem Hut (Rainer Doppler) klaut ihm den vom Mund der Mutter (Alleinerzieherin) abgesparten Zaster.
Man schreibt das Jahr 1929, das Theater der Jugend zuckt und swingt. Im Wiener Renaissancetheater hat man den Autor selbst auf die Bühne gebeten: Dr. Kästner (Michael Schusser) macht als rastloser Vertreter des "Jazz-Age" beste Figur. Er tritt mit Schal und Gehstöckchen auf, ein kleiner Gatsby, der die Bestandteile des Kinderbuchklassikers zusammenfantasiert. Kinder ab sechs Jahren dürfen Anteil nehmen an der spontanen Entstehung einer Kriminalgeschichte.
Kästner-Bearbeiter Gerald Maria Bauer, der auch Regie führt, ist ein Kunststück gelungen: Emil, der hoch aufgeschossene Detektiv in eigener Sache, wird auf den Pflasterstrand der Weimarer Republik gespült. Männer mit Paketbergen hasten durch die Straßenschluchten, doch Emil lässt sich keineswegs einschüchtern. Er will unter allen Umständen sein Geld zurückhaben.
Berlin, die nervöse Metropole, wirkt in dieser Annäherung an die Moderne wie aus Druckerschwärze gebaut (Bühne: Sam Madwar). Die Provinzlerinnen in der Holzklasse der Eisenbahn ("Dame mit Gans") sind Transsexuelle. Der Moloch Großstadt geistert durch die unruhigen Träume der Kinder, man erkennt Fritz Lang wieder, man hört – ein hübscher Vorgriff in die Zukunft – Musik des Gerry-Mulligan-Quartetts. Eigentlich müssten jetzt Walter Benjamin und Bertolt Brecht um die Ecke biegen. Im Theater der Jugend hat der Fortschritt gewonnen.
So fiebert man mit den Gassenkindern mit, die Emil im Kampf um sein Recht tatkräftig unterstützen: Gustav mit der Hupe (Matthias Hacker), die altkluge Pony Hütchen mit dem Roller (Tanja Raunig).
Pony ist bereits eine Vorläuferin von Polly aus der Dreigroschenoper. Kleinere Tempomängel im zweiten Teil fallen nicht ins Gewicht. Bauers Kästner bereitet schamlos Vergnügen und moussiert wie Brause.

Ronald Pohl


Kurier – 04.12.2014

Emil und die Detektive - einfach "knorke" - Kästers Kinderklassiker besticht im Theater der Jugend mit Retrocharme

Natürlich ist Kästner immer gut. Doch die Geschichte des Präpubertierenden Emil Tischbein, der zum ersten Mal allein nach Berlin fahren darf, um dort seine Großmutter und seine Kusine Pony Hütchen zu treffen, wirkt 85 Jahre nach ihrem Entstehen weniger zeitlos als andere Kästner-Klassiker. Ein Dieb wird von einer Truppe von Amateurdetektiven mit einer Bratpfanne zur Strecke gebracht, Schlüsselfigur ist ein Bub, der vor dem Telefon daheim auf Neuigkeiten zur Causa Emil wartet.
Dass Zehnjährige von heute, die mit Handys und anderen technischen Utensilien ausgestattet sind, der dramatisierten Version dieser Story begeistert folgen, ist Gerald Maria Bauers Inszenierung hoch anzurechnen. Bauer versucht erst gar nicht, zeitgeistig zu sein. Er unterstreicht das Original-Ambiente des Berlin der späten Zwanziger mit stimmungsvollem Bühnenbild (Sam Madwar), mit Revue-Musik und setzt allgemein auf Retro-Charme. Und er belässt Kästners Sprache – man spricht vom "Muttchen" und findet so manches "knorke". Wunderbar gelingt es Bauer, Kästner als allwissenden Erzähler einzubauen. So, wie Kästner in seinen Büchern immer wieder auf die Figur Kästner setzte, Tipps gab und Fragen zum Verlauf der Geschichte stellte. Hier spaziert er immer wieder durch das Bühnenbild, kommentiert und ist eine der sympathischsten Figuren im diesem beherzten Ensemble. Ab sechs.

Barbara Mader


Die Presse – 04.12.2014

„Parole Emil“: Die wilde Horde der Detektive - „Parole Emil“, heißt es im Theater der Jugend. Erich Kästners Detektive haben das Kommando übernommen, der Autor selbst sieht zu

Da sind sie wieder, der vorbildliche Emil, der freche Gustav mit der Hupe, der kleine Dienstag und das vergnügte Pony Hütchen. Aus Erich Kästners Kinderkrimi hat Gerald Maria Bauer, Chefdramaturg des Theaters der Jugend, ein Kindertheater gemacht. „Parole Emil“, hallt es durch das Renaissancetheater, wenn sich „Emil und die Detektive“ gemeinsam auf die Suche nach dem Dieb machen, der dem schlafenden Emil im Zug nach Berlin 140 Mark gestohlen hat. Der Musterknabe ist zum ersten Mal im hektischen Berlin, um seine Großmutter zu besuchen. Doch jetzt muss er einen Kriminalfall lösen. Zu Hilfe kommt ihm dabei eine ganze Horde Kinder, bestens organisiert heften sie sich dem Übeltäter auf die Fersen.
Ein schöner dramaturgischer Kniff: Der Autor Kästner, der schon in der Buchversion als Romanfigur auftrat, geistert in der Bühnenfassung gleich mehrfach durch das Stück: im Bahnhofsgemenge, wo Emil verzweifelt den Dieb seines Geldes auszumachen versucht, als vorbeischneiender Gast so mancher Schlüsselszene und als Heinzelmännchen im Hintergrund, das den Figuren Tipps zur Lösung des Falls einflüstert. Diese Ratschläge scheinen das Einzige zu sein, das der Autor seiner Handlung noch mitgeben kann, ansonsten hat sie sich verselbstständigt. Besonders gut kommt das in der Szene heraus, in der der kleine Dienstag, der Telefondienst schieben muss, den anderen von den Ereignissen des Tages berichtet: „Ein Herr namens Kästner hat angerufen. Der hat mich gefragt, ob ich wüsste, wie's weiter geht.“

Das Bühnenbild (Sam Madwar) besticht mit einer Kombination aus sich drehenden, verschiebbaren Fassaden und Projektionen, die uns optisch in das Berlin der späten 1920er-Jahre zurückversetzen. Schön wirken auch die Transparenzeffekte, die den Hintergrund zum Leben erwecken – sehr effektiv in Emils Traumszenen, wo aus statischen Bildern bewegte Figuren werden, die im Nu von der Leinwand auf die Bühne platzen. (...)

Katrin Nussmayr


www.jungekritik.com – 03.12.2014

Parole Emil! - Emil und die Detektive /// Theater der Jugend

Bei einem Klassiker wie Kästners Detektivgeschichte kann man inszenatorisch viel verhauen, da der Stoff etliche Male auf Bühne und Leinwand zu sehen war und damit viel Vergleichsdruck herrscht. Gerade weil sich Regisseur Gerald Maria Bauer jedoch keinen unkonventionellen Ansatz ausgesucht hat, ist ihm ein bestechendes Stück gelungen. Am meisten beeindruckt wohl das unglaublich vielseitige, extrem raumgebende Bühnenbild (Sam Madwar), das durch filmisch montierte Einführungssequenzen, die Drehbühne und Detailreichtum glaubhaft die wechselnden Atmosphären der Großstadt der Zwanzigerjahre herbeizaubert. Und auch die mondänen Kostüme, die swingende Musik, die niemals unnatürlich wirkende bundesdeutsche Sprache und alle anderen Hinweise auf den charmanten Esprit einer Zeit, die uns Rückblickern oft als „golden“ vorkommt, lassen einen die Gegenwart kurzerhand vergessen. Schauspielerisch überragt der schlitzohrige und herzenstreue Protagonist vom Lande (Michael Zwiauer), im Kontrast zum abgebrühten Großstadtjungen „Gustav mit der Hupe“ (Matthias Hacker) ergibt sich ein kolossal lebhaftes Gespann, das durch die geballte Kinderkraft der übrigen Figuren (lobenswert: Anatol Käbisch in Doppelrolle) noch an Reiz gewinnt. Und nicht zuletzt bereichern kluge dramaturgische Kniffe und mehrere kreative Ideen, die die Darstellungsprobleme einer Bühnenfassung gekonnt lösen, die Aufführung. Rundum also ein begeisternder Ausflug in die Kästnerschen Kinderwelten.

Timon Mikocki


Materialien

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