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2011/2012

Chatroom 13 +

von Enda Walsh in der Übersetzung von Yascha Mounk

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 12. Januar 2012 - 28. März 2012
Premiere: 14. Januar 2012
Dauer: 01:15
Regie: Gerald Maria Bauer

»Laura: Die Regel hier im Chatroom ist, dass wir keine Ratschläge geben. Wir hören einfach nur zu.«

Die Depression eines Teenagers und jugendlicher Zynismus – eine explosive Mischung! Vor allem dann, wenn die Beteiligten auf einem Terrain zusammentreffen, wo nichts sicher zu sein scheint. Trotz aller Unterschiede haben William, Jack, Eva, Emily, Jim und Laura manches gemeinsam. Sie leben in der selben Stadt, entstammen zumindest finanziell gesicherten Verhältnissen, sind alle um die fünfzehn Jahre alt und plagen sich mit dem Drama der Pubertät: jenen berüchtigten Jahren voller Fehler, Rumfummeln und unreiner Haut. Und dennoch kennen sie sich nicht persönlich, sondern kommunizieren ausschließlich über das Internet miteinander. Der Chatroom mit dem Namen »Die verdammten Rechthaber« ist ihr zweites Zuhause – und die Spielwiese für all jenes, was die Teenager beschäftigt. Die Anonymität des Internets bietet ihnen den perfekten Rahmen für ein Spiel um Lug und Trug, für Manipulationen und Diskussionen jeder Art. Wenn es darum geht, ob Britney Spears die Ideale zehnjähriger Mädchen verraten hat, mag dies noch harmlos sein. Doch bei der Frage nach dem Wert des eigenen Lebens wird die Sache interessant. Denn wenn Williams zynische Abgeklärtheit auf Jims labile psychische Verfassung trifft, sollten die Alarmglocken schrillen. Vor allem dann, wenn die anderen sich nicht so klar für eine Seite entscheiden können. Wer ist Freund, wer ist Feind, wer bestimmt eigentlich die Regeln des Spiels? Und wann wird aus dem Spiel Ernst?
Enda Walsh hat mit Chatroom ein spannendes, komplexes und traurigkomisches Theaterstück geschrieben, das der »Generation Internet« auf den Zahn fühlt. Und das die neuen Medien nicht einseitig verdammt, sondern auch die Chance sieht, auf neuen Wegen zu einem menschlichen Miteinander, auch abseits des Internets, zu finden – und gemeinsam die Wirren der Adoleszenz zu überstehen.

Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main

Weiterführende Informationen zum Thema unter: www.saferinternet.at.

Besetzung

William Luzian Hirzel
Jack Jan Alexander Zabbée
Eva Suse Lichtenberger
Emily Natalie Ananda Assmann
Jim Jan Hutter
Laura Claudia Kottal
Regie und Bühne Gerald Maria Bauer
Kostüme Anna Katharina Jaritz
Videogestaltung Jacob Groll
Animation Christian Schwab
Licht Johann Cizek
Dramaturgie Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Eva Maria Gsöllpointner
Bühnenbildassistenz Christoph Zechmeister
Hospitanz Philipp Ehmann

Kritiken

Wiener Zeitung – 19.01.2012

Gefährliche Machtspiele in sozialen Netzwerken

Die sechs Jugendlichen auf der mit mehreren Monitoren und einigen Stühlen bestückten Bühne begegnen einander nur im virtuellen Raum. Sie chatten. Sie verschanzen sich hinter Decknamen und vermeiden jeden Hinweis auf ihre reale Existenz. Dass dieses "second life" auch gefährlich werden kann, führt der irische Theatermacher Enda Walsh in "Chatroom" eindrücklich vor Augen.
Dabei beginnt es ganz harmlos. In einem Britney-Spears-Forum beklagen sich Eva (Suse Lichtenberger) und Emily (Natalie A. Assmann) über die Ikone ihrer Kindertage. Auch William (Luzian Hirzel) und Jack (Jan A. Zabbée) reagieren sich an der Erwachsenenwelt ab. Schnell ist ein neuer Chatroom mit dem Titel "Die verdammten Rechthaber" gegründet, wo auch der selbstmordgefährdete Jim (Jan Hutter) Ansprechpartner sucht und von seiner Kindheit, die trostloser nicht hätte sein können, berichtet. Ein Macht- und Manipulationsspiel beginnt.
Ohne Effekthascherei
Als scheinbar hilfsbereite Freunde gewinnen Eva und William Jims Vertrauen, bestärken ihn unter Berufung auf den freien Willen des Menschen eine Entscheidung zu treffen, die auch - als bewusste Protest-Aktion - ein öffentlicher Suizid sein könnte. Laura (Claudia Kottal) hingegen lehnt es ab, Ratschläge zu erteilen, in der Überzeugung, dass verständnisvoll-geduldiges Zuhören helfen kann, einen Weg aus der Lebenskrise zu finden.
Gerald M. Bauer verdeutlicht in seiner präzisen, witzig und leichthin beginnenden, die Spannung gekonnt verdichtenden Inszenierung ohne Effekthascherei die doppelte Identität der Figuren, die das Geschehen im virtuellen Raum gestalten und beobachten, aber ihre wahre Persönlichkeit dennoch nicht preisgeben. Auch im Ensemble gibt es keinen Schwachpunkt. Ein realitätsnaher, mitreißender Theaterabend, der nicht nur einem jungen Publikum etwas zu sagen hat.

Hilde Haider-Pregler


Kurier – 18.01.2012

Ein Zyniker sucht sich seine Opfer

Er passt perfekt zu den „Verdammten Rechthabern“, dem Internet-Chatroom, dem er mit seinen Web-Freunden Eva, Jack und Emily angehört: William ist ein Zyniker wie vom Reißbrett. Jung, kalt, berechnend und Freude daran findend, andere bloßzustellen. In dem labilen Teenager Jim, den die Depression so übermannt, dass „die ganze Welt sich in Suppe verwandelt und das Herz weh tut“, findet er sein ideales Opfer.
Wie gefährlich das Internet für junge Leute sein kann, wie schnell sie gemobbt werden und den Attacken anderer Web-Desperados hilflos ausgeliefert sind, zeigt Gerald Maria Bauer in seiner Inszenierung von „Chatroom“ im Theater im Zentrum. Da ist man plötzlich „Abfall“, wird von der Community geächtet. Ein wichtiges, sehr aktuelles Stück.

Susanne Lintl


KiKu-online – 15.01.2012

Auf der Suche nach Sinn und Ziel... und das Gefühl von Macht durch Manipulation - auch im Cyberspace. Chatroom im Wiener Theater im Zentrum

Sechs (TV-)Monitore, ansonsten eine kahle Bühne. Es soll sich ja auch (fast) alles in der virtuellen Welt abspielen. Sechs junge Schauspieler_innen agieren in der jüngsten "Chatroom"-Version im Theater der Jugend höchst lebendig. Lebensecht – sowohl was jenes im Cyberspace als auch das in der wirklichen Welt betrifft. Es braucht keine Computer, keine Screens, keine projizierten geschriebenen Zeilen. Das Gefühl wird gespielt – im ersten Drittel ungefähr das chatten über dies, das und jenes. Im Gegensatz zu echten Chats fehlt lediglich das Belanglose.
Hier geht’s um intensive Gefühle Heranwachsender – vom Verrat an Kids, den sie Britney Spears vorhalten bis zu "Verdummungsstrategien", die sie Kinder- und Jugendbuchautor_innen vorwerfen, um sie und ihresgleichen von der Erkenntnis der Welt abzuhalten… Suche nach Sinn des Lebens auch in Foren. Bis sich die Grundstory des vom irischen Autor geschriebenen Stücks Enda Walsh immer mehr rund um Jim fokussiert...
In einem Chatroom...
... namens "Die verdammten Rechthaber" landet dieser Jim (Jan Hutter), der an starken Depressionen leidet. Dort unterhält er sich zunächst mit William (Luzian Hirzel), Jack (Jan Alexander Zabbée), Eva (Suse Lichtenberger) und Emily (Natalie Ananda Assmann). Sie sind auf der Suche nach einem Ziel, einer Mission, danach, "was Wichtiges hin zu kriegen". Als Emily und später auch Jack versuchen, Jim eher aufzubauen, werden sie von Eva und William heftig angegangen, rasch aus dem Chat vertrieben, um Jim mehr und mehr dazu zu bringen, immer stärker mit dem Gedanken an Selbstmord zu spielen, "ein Zeichen zu setzen".
Schon in anderen Foren hat er eigentlich Hilferufe abgesetzt, fand dort auch Laura (Claudia Kottal), die ihm zuhörte, "wir geben keine Ratschläge, wir hören einfach nur zu." Erst als sie auch hier auftaucht, kann Jim den Teufelskreis nach unten durchbrechen. Ende: Begegnung von Jim und Laura im Real Life.
Besonders stark, arg und heftig ist die Passage, als William und Eva gezielt Jim in den Tod zu treiben versuchen, zu spüren, welche Macht sie haben, jemanden zu manipulieren, wie sie die beiden Mit-Chatter_innen, die dieses Vorhaben durchkreuzen könnten, rausdrängen, Jim so manipulieren, dass sogar er sich gegen jene aufwiegeln lässt, die ihm helfen wollten.

Heinz Wagner


Schüler Standard – 18.01.2012

Britney, du hast meine Kinderseele verkauft

"Britney Spears, du hast meine Kinderseele verkauft!" Mit provozierenden Sätzen wie diesem startet das Theaterstück Chatroom. Die Geschichte des depressiven Jugendlichen Jim, der im Chatroom "Die verdammten Besserwisser" fünf Freunde gefunden zu haben glaubt, nimmt bald eine dramatische Wende. Zwei von ihnen finden Gefallen daran, Jim zu quälen, führen ihm sein Elend vor und raten ihm zum Selbstmord.
2005 von dem irischen Dramatiker Enda Walsh geschrieben, wurde das Stück nun unter der Regie Gerald Maria Bauers im Wiener Theater im Zentrum auf die Bühne gebracht. Die Bühne stellt einen weißen, tunnelförmigen Raum dar, in dem fünf Computer zu sehen sind. Musik setzt ein und grüne Lichter ziehen über die Wände. Die Darsteller sprechen langsam und mit vielen Pausen, so wirken die Figuren nicht gekünstelt. Die Monologe werden nicht langweilig. Das überzeugende und sehr berührende Schauspiel wird immer wieder von Musik begleitet, welche die Handlung passend unterstützt: "It's all about identity", erklingt es und weist auf eines der Hauptthemen der Geschichte hin: die Individualität. Die Charaktere machen sich über Stereotype lustig, doch im Grunde entsprechen sie allen Klischees. Der Zyniker, der sich hinter seiner bissigen Art versteckt. Der hilfsbereite, wehrlose Schüler. Das Emo-Mädchen. Alle Figuren haben Probleme und gehen auf ihre eigene Weise mit ihnen um, wobei die Anonymität des World Wide Web sie schnell die Verantwortung anderen gegenüber vergessen lässt. Bauer gelingt ein Stück, das zum Denken anregt.

weitere Kritiken unter derstandard.at/1326503089430/Chatroom-im-Theater-der-Jugend-Britney-du-hast-meine-Kinderseele-verkauft

Anna Hader


Materialien

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