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Tschick 13 +

von Wolfgang Herrndorf
Bühnenfassung von Robert Koall

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 08. Januar 2016 - 06. April 2016
Premiere: 12. Januar 2016
Dauer: 02:15
Regie: Thomas Birkmeir

»›Ich muss dir ein Geheimnis verraten‹, sagte ich.
›Ich bin der größte Feigling unter der Sonne.
Der größte Langweiler und der größte Feigling.‹«

Wolfgang Herrndorf. Tschick

Ein Road-Trip, der in Deutschland spielt? Im Land der phantasielosen Einkaufszonen, spießigen Vorstadtsiedlungen und grauen Industrieanlagen? Spätestens seitdem Wolfgang Herrndorf »Tschick« geschrieben hat und damit einen millionenfach verkauften Bestseller landete, ist bewiesen, dass Deutschland zu den spannendsten Road-Trip-Ländern der Welt gehört!
Es müssen nicht immer schwere Harley- Maschinen sein, auch ein geklauter ausrangierter Lada kann für ein Pubertäts-Abenteuer ein willkommenes Vehikel sein. Für den »wohlstandsverwahrlosten« Maik und den »asozialen Russlanddeutschen« Tschick das ideale Mittel, sich ohne Führerschein auf den Weg in die Walachei zu machen, offenbar der Sehnsuchtsort eines jeden Außenseiter-Pubertierenden.
Natürlich wissen sie nicht genau, wo die Walachei eigentlich liegt, und Landkarten sind sowieso »ungeil«, doch die Reise ins Ungewisse muss beginnen, eine Odyssee in den »wilden Osten«. Dieser ist durchsetzt von seltsamen Sprachtherapeutinnen, konsumkritischen Müttern, scheinbar senilen Überbleibseln aus dem letzten Weltkrieg, die mit Luftgewehren um sich schießen. Und nicht zuletzt: Isa. Isa, die auf der Müllhalde lebt, die völlig verdreckt ist und so bestialisch stinkt, dass man sie in den Stausee werfen muss, damit sie ihren Gestank loswerden kann. Wie hätte man auch ahnen können, dass dem Stausee das aufregendste, verliebenswürdigste Mädchen entsteigt, das Maik in seinem jungen Leben gesehen hat?
Diese Coming-of-Age-Geschichte wurde mit Superlativen bedacht, Herrndorf in eine Reihe mit Mark Twain und J. D. Salinger gestellt. Noch vor dem tragischen Tod des Autors wurde der Roman mit vielen Auszeichnungen – unter anderem dem Deutschen Jugendliteraturpreis – gewürdigt und in 24 Sprachen übersetzt.

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Reinbek bei Hamburg

Besetzung

Maik Klingenberg Meo Wulf
Tschick Luka Dimic
Isa / Tatjana / Florentine / Krankenschwester / Richterin Felicitas Franz
Maiks Vater / Wagenbach / Friedemann / Fricke / Stimme am Telefon Uwe Achilles
Maiks Mutter / Friedemanns Mutter / Sprachtherapeutin Pia Baresch
Regie Thomas Birkmeir
Bühne Goda Palekaite
Kostüme Susanne Özpinar
Licht Lukas Kaltenbäck / Johann Cizek
Videogestaltung Julian Wieser
Dramaturgie Wolfgang Türks
Assistenz, Teilinspizienz Felix Metzner
Teilinspizienz Florian Pilz
Regiehospitanz Anna Klein

Kritiken

Der Standard – 14.01.2016

"Tschick": Reise auf den Mond gleich hinter Berlin

So lässt sich ein Roadmovie-Roman trefflich illustrieren: Herrndorfs "Tschick" im Theater im Zentrum

Wien – Der wichtigste Jugendroman des noch jungen Jahrtausends nimmt in Berlin-Hellersdorf seinen Ausgang. Tschick, der Erfolgstitel des entsetzlich früh verstorbenen Wolfgang Herrndorf, ist ein erzählerisches Roadmovie. Das Buch, gleich nach seinem Erscheinen 2010 völlig zu Recht bejubelt, atmet den Zauber von Salingers Fänger im Roggen. Es führt den Helden Maik, einen 14-jährigen Traumichnicht aus zerrütteten Wohlstandsverhältnissen, in das Umland von Berlin. Maik hat sich mit dem russischen Aussiedlerjungen Tschick zusammengeschlossen. Beide eint, bei gänzlicher Verschiedenheit des Backgrounds, der gemeinsame Überdruss am Leben.
Auch für die Aufführung des Theaters der Jugend, eine wirkliche Großtat von Intendant Thomas Birkmeir (Regie), gilt: Maik und sein scheinbar begriffsstutziger Freund sind furchtbar scheu. Zugleich schließen sie die ganze Welt in die Arme. Die beiden Halbwüchsigen sind reine Toren. Sie treffen im Theater im Zentrum auf das Strandgut unserer Gesellschaft, auf dörfliche Öko-Esser, auf übelriechende Müllhaldennixen, auf schießwütige Prothesenträger. Die Autotour führt in bizarrem Zickzackkurs durch die Mark Brandenburg. Doch Maik und Tschick gleichen in ihrem saukomischen, sturen Ernst auch Mondfahrern. Nichts ist schließlich fremder als die uns bekannt dünkende Welt.
Maik (Meo Wulf) und Tschick (Luka Dimic) dürfen für ökologisch äußerst genügsame Verkehrsteilnehmer angesehen werden. Auf der klaustrophobisch geschlossenen Bühne (Ausstattung: Goda Palekaite) reichen zwei rostige Klappsessel und ein Sportwagenlenkrad aus. Mehr braucht es nicht, um einen gestohlenen Lada Niva hervorzuzaubern.
Die Rückwand bildet einen sanften Abhang. Auf ihm rutschen die milchbärtigen Outlaws nacheinander ins Glück und in den Abgrund. Es versteht sich von selbst, dass das Gefühl unbeschränkter Freiheit nicht besonders lange währt. Die Sprödigkeit Maiks korrespondiert prächtig mit einer anderen berühmten Asozialen-Figur der Neuzeit, mit Brechts in die Wälder flüchtendem Baal.
[…]
Im Unterschied zu ihm lässt Wulf es an Kraftmeierei fehlen. Sein Bursche ist zäh, dabei vorsichtig gewitzt und nach allen Seiten hin offen. In Herrndorfs Halbwüchsigenwelt reichen sich Vernunft und Poesie immer wieder die Hände. Hingetupft hat Birkmeir die sozialen Begleitumstände. Maiks Mama (Pia Baresch) gibt die Schnapsdrossel im Hippie-Hauskleid. Ihr Mann (Uwe Achilles) sekundiert als überschnappender Unternehmertyrann. Die auftretenden Herrschaften aus den neuen Bundesländern werden hastig skizziert. Nichts und niemand darf Fett ansetzen in dieser Inszenierung (sieht man von einer dicken "Sprachtherapeutin" ab, gespielt von Baresch). Alle Figuren befinden sich unausgesetzt auf großer Fahrt.
Maik gibt den vermeintlich allwissenden Erzähler. Das Theater der Jugend jagt Maik und Tschick durch ein szenisches Malbuch, und man möchte gar nicht aufhören, darin zu blättern. Tschick, die burleske Figur, landet im Heim. Maik aber sitzt, innerlich frohlockend und blasenblubbernd, auf dem Grund eines Swimmingpools. Einhelliger Jubel.

Ronald Pohl


Die Presse – 14.01.2016

Die aufregendste Woche des Lebens in 100 Minuten

Im Lada durch die deutsche Pampa: Wolfgang Herrndorfs "Tschick", im Theater im Zentrum schlicht und klug inszeniert.

[...] Genauso klug und schlicht ist die Inszenierung von Thomas Birkmeir: Er setzt die beiden Tramps auf Klappsessel, gibt Tschick ein Lenkrad in die Hand. Das reicht, um die Fahrt zu imaginieren, die Landschaft entsteht durch atmosphärische Videos, ein paar Lichtpunkte werden zum Sternenhimmel, in den die beiden schauen. "Das ist Wahnsinn", sagt Tschick, und: "Das ist noch viel besser als Fernsehen." Dann grübeln sie, ob es irgendwo auf einem fernen Planeten intelligente Insekten gibt, die staunend einen Science-Fiction-Film sehen, in dem zwei Menschen ein Auto klauen ...

"Die denken, dass es uns gibt, weil wir ja auch denken, dass es sie gibt", sagt Luka Dimic, der den Tschick spielt: Er stößt seine Sätze in die Welt, als sei er allein darüber glücklich, dass es diese, dass es ihn gibt; vom schlurfenden Spinner ist er zum euphorischen Reiseleiter geworden, dessen Augen glubschen und strahlen, wenn's weitergeht.
Im Zentrum steht natürlich Meo Wulf als Maik: Er springt mühelos, oft mit einem Fingerschnippen, von der Erzählung in die Handlung und zurück, und auch er macht eine Verwandlung glaubhaft: vom passiven Außenseiter, vom überzeugten Langweiler, dem alles egal ist außer Tatjana ("Sie ist einfach insgesamt super, so kann man sich das vorstellen"), in einen Begeisterten, der die "tollste und aufregendste Woche" seines Lebens erlebt. In der die beiden zwar keinem schlechten Menschen begegnen, aber vielen Verrückten. Allen voran der manischen Isa, die redet und redet – Koall hat ihr ein paar feine Monologe geschrieben, z. B. über Spiegelsymmetrie – und Maik fast verführt. Felicitas Franz spielt sie mit viel Power – und rührt doch am meisten, wenn es ruhiger wird, etwa in der besonders schönen Szene, in der die drei beschließen, einander in 50 Jahren wieder zu treffen.

Uwe Achilles ist unter anderem ein routiniert unsympathischer Vater, Pia Baresch die verrückte, versoffene, doch liebevolle Mutter, die am Ende alles wegwirft. Viel Beifall.

Thomas Kramar


Salzburger Nachrichten – 14.01.2016

Wie man auf einer Reise zu echter Freundschaft findet

[...] Seit über 80 Jahren nimmt das Theater der Jugend eine besondere Rolle ein. Stets auch um zeitgemäße Stoffe bemüht, bringt Intendant Thomas Birkmeir nun die Dramatisierung des Romans "Tschick" auf die Bühne. Wolfgang Herrndorfs Coming-of-Age-Geschichte war 2010 als Buch ein Bestseller und ist, von Robert KoaIl dramatisiert, auch als Stück stark. [...]

Birkmeiers Inszenierung im Wiener "Theater im Zentrum" ist [...] allemal hervorhebenswert, mit Witz und Verve erreicht er nicht nur die Jugend. Die Leistung von Regie und Ensemble besteht vor allem darin, dass man niemals das Gefühl hat, eine Verschnaufpause zu benötigen, so gebannt verfolgt man die Geschichte, die sich zum Roadtrip entwickelt. Wo sonst nach jedem Berg ein Tal zu folgen hat, schafft es die Inszenierung, sich von Berggipfel zu Berggipfel zu bewegen.
Großen Anteil daran haben Meo Wulf und Luka Dimic, die beiden adoleszenten Protagonisten. Der 21-jährige Wulf gibt schnörkellos den pubertierenden Ich-Erzähler Maik Klingenberg. Maik ist 14, einziges Kind einer reichen Berliner Familie, dem Zuneigung und Orientierung fehlen. In seiner Klasse ist er der Außenseiter, der auf keine Party eingeladen wird und sich selbst für einen Langweiler und Feigling hält. Als Andrej Tschichatschow, ein Russlanddeutscher, der Tschick gerufen wird, in die Klasse kommt, gibt es einen weiteren unbeliebten Sonderling. Luka Dimic zeichnet ihn mit erfrischender Ungeniertheit und einem Akzent in der Sprache, der nirgendwo wirklich einzureihen ist und doch Identifikation schafft.
Die Sommerferien beginnen, Maiks Mutter fährt auf eine Beautyfarm (in Wirklichkeit in eine Entzugsklinik), sein Vater befindet sich auf Geschäftsreise (mit der Geliebten). Das Bedürfnis, etwas zu erleben, bringt Maik und Tschick zusammen, und eine wilde Abenteuerreise in die ostdeutsche Pampa nimmt ihren Lauf.
"Mein Vater sagt immer, dass die Welt schlecht ist, aber wir begegnen hier gerade dem einen Prozent, das nicht schlecht ist", stellt Maik während seiner Reise fest und findet im Lauf des Sommers zu einem neuen Selbstverständnis. Er begreift, dass es nicht darum geht, wer man ist, sondern wie man ist. Zusammen entlarven Maik und Tschick Vorurteile. Sie diskutieren über die Existenz jüdischer Zigeuner und englischer Franzosen, und am Ende ihrer Reise sind die beiden so unterschiedlich sozialisierten Burschen echte Freunde geworden. Was zählt: Solidarität, Zuneigung, Loyalität.

Julia Danielczyk


Kronen Zeitung – 14.01.2016

Sehnsuchtsort Walachei

[…] Thomas Birkmeir hat mit einfachsten Details in seinem Roadmovie perfektes Menschentheater geschaffen: Der Witz darf leben, das Menschliche hat seinen Platz und die Gefühlsverwirrung Pubertierender trägt tragikomische Züge. Dazu genügen ein paar Requisiten auf stimmungsvoller Bühne (von Goda Palekaite).
Der Hausherr hat auch wieder zwei junge Talente aufgestöbert: Meo Wulf als Maik und Luka Dimic als Tschick imponieren mit jugendlicher Naivität, Charme und Frische. Perfekt auch ihre Partner Felicitas Franz, Uwe Achilles und Pia Baresch. Sehenswert!

Thomas Gabler


Kurier online, KiKu – 12.01.2016

Abenteuer Vertrauen schöpfen

Grooooooßaaaartiiiig! Bewegend, berührend. Vielleicht fällt einem nicht aufs erste die Beschreibung „mitreißend“ im herkömmlichen Sinn ein. Diese Inszenierung des Jugendroman „Tschick“ ist aber sogar mehr. Trotz so mancher Stellen, die definitiv Lachen provozieren, nimmt diese Version das Publikum richtiggehend mit auf die große Reise durch die kleine und doch so unendlich große Welt zweier verletzter, vernachlässigter, an den Rand gedrängter Jugendlicher Rabauken bei der Flucht in wenige Tage Welt voller Abenteuer, erstmals erlebtes Vertrauen, Freundschaft, auch Überwinden von Vorurteilen. […]

Heinz Wagner


Salzburger Nachrichten online – 13.01.2016

"Tschick" im Theater der Jugend

[…] Robert Koall bleibt in seiner Bühnenfassung sehr nah am Roman, was zu langen, erzählenden Monologen des Protagonisten führt, während die anderen Figuren lediglich für kurze Dialoge zu ihm stoßen. Diese Machart huldigt zwar dem Original, birgt jedoch Gefahren wie Monotonie und Künstlichkeit. In keine der beiden Fallen tappt man im Theater der Jugend, wo Hausherr Thomas Birkmeir mit vielen kleinen, aber bildstarken Tricks Tempo und Überraschungsmomente in die Inszenierung bringt, die über mehr als zweieinhalb Stunden von Hauptdarsteller Meo Wulf getragen wird. Der 23-jährige Hamburger, der nicht nur am Deutschen Schauspielhaus, sondern auch in zahlreichen TV-Produktionen Erfahrungen gesammelt hat, ist ein Goldgriff. Mühelos bewältigt er die Textmengen und entwickelt sich im Laufe des Abends vom schüchternen Langweiler, der mit seinem Außenseitertum hadert, in einen mutigen, lebenshungrigen Teenager, der auf Konventionen scheißt und am Ende gar gemeinsam mit seiner betrunkenen Mutter das häusliche Mobiliar lustvoll im Pool versenkt.
[…]
Als Kulisse dient ein White Cube mit Rampe, auf die immer wieder Bewegtbilder von Landschaften projiziert werden, die aber auch als Steilhang oder Richterpult herhält. Das elterliche Wohnzimmer deutet Goda Palekaite (Bühne) mithilfe eines Fauteuils an, das Auto besteht aus zwei Klappstühlen und einem Lenkrad, das Tschick cool zwischen den Fingern dreht. [...]

APA


European Cultural News – 13.01.2016

Der tollste Sommer, den es je gab

[…] Thomas Birkmeir schafft es in seiner Inszenierung, das „Roadmovie“ der beiden sich selbst überlassenen Jugendlichen ohne Umbauten, nur mit cleverem Einsatz von Requisiten, Licht und Ton trotz der artifiziellen Bühnenumgebung höchst glaubhaft durchzuziehen. Da genügen zwei Campingstühle, um einen Lada zu imaginieren, ein Fauteuil reicht als Sinnbild für ein gutbürgerliches Wohnzimmer. In rotes Licht wird die Bühne dann getaucht, wenn Maik und Tschick mit ihrem gestohlenen Auto einen Unfall bauen und ganz zum Schluss kommt man sich, dank einer herrlichen Projektion, vor, als würde man sich mit Maik und seiner Mutter schwerelos unter Wasser im Familienswimmingpool bewegen. […]

Birkmeir taktet die einzelnen Szenen wie aus der Gebrauchsanleitung (die es leider nicht gibt!) für Dauerbrenner-Komödien. Lacher – und die nicht zu knapp – an den richtigen Stellen, ein wenig Melancholie, aber auch Spannung ergeben eine wunderbare Melange, die den Abend wie im Flug vergehen lässt. [...]

Birkmeir kann auch auf ein großartiges Ensemble zurückgreifen – mit zwei jungen Schauspielern, denen man nicht müde wird zuzusehen. Meo Wulf spielt den wohlstandsverwahrlosten aber nachdenklichen Maik und tut dies im Erzählmodus, dem Publikum zugewandt. Luka Dimic an seiner Seite schlüpft in die Rolle von Tschick. Mit so unglaublich großem, komödiantischem Talent, dass es ein wahres Fest ist, ihm zuzusehen. Die beiden ergänzen sich auch durch ihre verwendeten Idiome ideal. Wulf, Hamburger, der derzeit im 4. Jahrgang am Max Reinhardt Seminar studiert, glänzt mit feinem Bundesdeutsch, während sich Dimic, geboren in Sarajewo, mit der harten Aussprache des Deutschen, wie sie russischstämmige Einwanderer pflegen, überhaupt nicht schwer tut. Eine mit Bedacht ausgewählte, sehr gelungene Besetzung. [...]

Felicitas Franz gibt der jungen Pennerin Isa vielfältigste Konturen und nimmt mit ihrer ungestümen und frechen Art das Publikum im Handumdrehen für sich ein. Uwe Achilles spielt nicht nur den Kotzbrocken-Vater von Maik, sondern auch Horst Fricke, jenen schießwütigen Alten, der sich mit seinen amputierten Beinen auf einem Wägelchen fortbewegt, das er durch händisches Antauchen in Bewegung bringt. Pia Baresch glänzt in der Mutterrolle von Maik als ständig betrunkene Frau, die aber ihr Herz am rechten Fleck hat und in immer kürzeren Abständen in eine als „Schönheitsklinik“ titulierte Entzugsanstalt gebracht werden muss. Als Sprachtherapeutin überfällt sie, mit dicken Fettpolstern ausgestattet, den faszinierten Tschick und liefert dabei eine komödiantische Glanznummer ab.
Die berührende und humorige Geschichte der beiden Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsenwerden funktioniert nicht zuletzt deshalb so gut, weil sie realistisch aufgebaut auch einen Schluss anbietet, der zwar vieles offen lässt, das Leben aber doch von einer Seite zeigt, die wunderschön ist. „Ich glaube, das war der tollste Sommer“ sind die Schlussworte von Maik. Nach dem, was man gesehen hat, hat er sicher hundertprozentig recht.

Empfehlung: Ein Stück, an dem nicht nur Jugendliche großen Spaß haben werden. Wenn möglich also Karten gleich für die ganze Familie besorgen!

Michaela Preiner


Wiener Zeitung – 16.01.2016

Auf abenteuerlichen Abwegen

[…] "Tschick" […] steht nun in einer schlichtweg exemplarisch zu nennenden Inszenierung von Thomas Birkmeir im Theater der Jugend auf dem Spielplan.
[…] Meo Wulf zeigt mit Sensibilität die Pubertätsnöte eines wohlstandsverwahrlosten Jugendlichen […]. Andrej Tschichatschow, genannt Tschick, kommt aus einer russischen Immigrantenfamilie, was ihn die Umwelt deutlich spüren lässt, muss mit seiner Homosexualität zurechtkommen, gibt sich aber höchst selbstbewusst, obwohl er es in Wahrheit gar nicht ist - was Luka Dimic in Auftreten, Körperhaltung und Sprache verdeutlicht.
[…] Neben den beiden unnachahmlichen Protagonisten verleihen Felicitas Franz, Uwe Achilles und Pia Baresch den zahlreichen Nebenfiguren unverwechselbares Profil, nicht zuletzt dank der witzigen Kostüme von Susanne Özpinar. Und einmal mehr staunt man über die Wirkungen, die sich auf der kleinen Bühne (Bühnenbild: Goda Palekaite) mit sparsamen Mitteln, Farb-, Licht- und Video-Effekten erzielen lassen. Eine spannende, phantasievolle, auch vor drastischer Komik nicht zurückschreckende und trotzdem einfühlsame Inszenierung, die mit lang anhaltendem Beifall ausklang.

Hilde Haider-Pregler


junge kritik - jungekritik.com – 18.01.2016

Dieser eine Sommer

[…] Während Luka Dimic als Tschick eine Art akzentvolles Deutsch spricht und so seine Herkunft, Russland, deutlich mit sich herum trägt, macht Meo Wulf als Maik den (fast) allwissenden Erzähler. Seine Unbekümmertheit und Lässigkeit ist beeindruckend. Gemeinsam umarmen sie als tollpatschige Teenager die Welt und schaffen die Gratwanderung zwischen Naivität und Naseweis. Felicitas Franz, Uwe Achilles und Pia Baresch spielen in allen anderen Rollen den beiden Protagonisten zu. "Tschick" wird ausgiebig in vielen Bildern ausgelebt und auserzählt.

Theresa Luise Gindlstrasser


Kurier – 16.01.2016

Rührende Rebellen, denen doch nicht alles „egal“ ist

Wolfgang Herrndorfs "Tschick" im Theater der Jugend — eine Empfehlung!

Ein Teenager-Road-Movie, das den richtigen Ton trifft. So glaubwürdig, dass es die schwierig zu begreifende Altersgruppe der jugendlichen Protagonisten tatsächlich anspricht […] Thomas Birkmeir zeigt nun im Theater der Jugend eine wunderbare Dramatisierung dieser Story. […]
Maik, 14, nennen sie in der Schule "Psycho" (— "aber egal"). Er ist ein scheinbar abgeklärter, in sich gekehrter Bursche mit liebevoller, aber alkoholkranker Mutter (zerbrechlich und komisch zugleich: Pia Baresch) und miesem Makler-Vater (schön böse: Uwe Achilles).
Eher zufällig trifft Maik auf den seltsamen Tschick, Kind russischer Einwanderer, der wohl aus Selbstschutz auf starker Mann macht. Was sie verbindet: Sie sind Außenseiter. Im gestohlenen Auto machen sich die beiden auf eine Reise ohne Ziel. Angedeutete Requisiten (Bühne: Goda Palekaite) und Videoeinspielungen (Julian Wieser) genügen, um die Zuschauer auf diesen Trip mitzunehmen.

[…] Toll die Hauptdarsteller: Meo Wulf, 1992 in Hamburg geboren, überzeugt als Maik. Teeniehaft lakonisch, doch zugleich mit offenen Gefühlsflanken: Er verliebt sich alle paar Tage, zeigt seine Ängste und gibt zu, dass er ein "Langweiler" ist. Ungeheure Präsenz hat der 1986 in Sarajevo geborene Luka Dimic als "Tschick": Ein rührender Rebell mit Scheiß-drauf,-aber-nimm-mich-in den-Arm-Attitüde.

Barbara Mader


Falter (Ausgabe 5/2016) – 03.02.2016

Der schönste Roadtrip, die beste Müllhalde

Wer den Roman von Wolfgang Herrndorf gelesen hat, weiß, wie großartig "Tschick" ist. Dass die Coming-of-Age-Geschichte auch im Theater toll funktioniert (Bühnenfassung: Robert Koall), zeigt die Inszenierung von Thomas Birkmeir.

Das liegt vor allem an den Hauptdarstellern Meo Wulf als Maik Klingenberg und Luka Dimic als Tschick, die sich in einem geklauten Lada auf einen Roadtrip quer durch Deutschland begeben. Dabei machen sie nicht nur Bekanntschaft mit einem verrückten Kriegsveteranen und einer hilfsbereiten Sprachtherapeutin, sondern auch mit der seltsamen Isa, der sie auf der besten Müllhalde des Landes begegnen und in die sich Maik ein bisschen verliebt. So soll Theater sein.

Sara Schausberger


Bühne (Ausgabe Februar 2016) – 01.02.2016

AUFFÜHRUNG DES MONATS: Thomas Birkmeirs Tschick am Theater im Zentrum

Thomas Birkmeir hat mit Wolfgang Herrndorfs Jugend-Weltbestseller Tschick ein theatralisches Roadmovie durchs wilde Ostdeutschland hingezaubert, das mit einfachsten Mitteln und einem furiosen Ensemble verzückt und mitreißt. Eine Entdeckung dabei die beiden großartigen Youngster-Protagonisten Meo Wulf und Luka Dimic, die mit einem gestohlenen Lada einen herrlichen Sommer der Anarchie durchleben. Ihr Ausreißer-Trip ins Chaos ist saukomisch und herzergreifend zugleich.


Materialien

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