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2002/2003

Juniors Entscheidung 11 +

von Michaela Ronzoni


Uraufführung

Stückinfo

Ort: Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Zeitraum: 26. April 2003 - 24. Juni 2003
Premiere: 29. April 2003
Regie: Folke Braband


Julian wird demnächst 14, und es gibt keinen Grund, sich zu beklagen. Alles da, was man so braucht! Skateboard, Computer, Golfunterricht. Er darf sich kaufen, was ihm gefällt -- und was ihm nicht gefällt, bekommt er trotzdem von seinen Eltern geschenkt.

Julians Eltern: nützliche Mitglieder unserer Gesellschaft. Der Vater, erfolgreicher Scheidungsanwalt, die Mutter, ehrenamtliche Mitstreiterin in verschiedenen Vereinen, »die unsere Welt besser machen«.

Eine Bilderbuchfamilie also! Alles läuft richtig -- und keiner kann sich beschweren.

Doch spätestens als Julian beginnt - ohne es zu merken - mit dem Mikrowellenherd zu sprechen, erkennt er, dass die heile Vorstadtwelt auf ziemlich krankem Boden steht. Wieso eigentlich haben seine Eltern so wenig Zeit für ihn? Wann haben sie ihn das letzte Mal geküsst? Spielt er im Leben seiner Eltern eigentlich noch irgendeine ernst zu nehmende Rolle?

Julian ist empört! Ja, er wird vernachlässigt! Ein Wohlstandskind, dem mit den Produkten der Shopping Malls das Maul gestopft werden soll -- und das von den eigenen leiblichen Erzeugern!

Diese trübe Feststellung verlangt die Tat: Mit Hilfe seiner Kumpelin Conny beschließt er, sich von seinen Eltern scheiden zu lassen, um sich Menschen zu suchen, mit denen sich wirklich zusammen leben lässt. Doch das ist erst der Anfang einer Entscheidung mit weit reichenden Folgen...

Neuesten Umfragen aus Deutschland zufolge leben knapp 30 Prozent der Kinder mit beiden leiblichen Elternteilen in einem Haushalt. Der Rest - die Mehrheit - ist Patchwork. Das klassische Familienbild befindet sich also im Umbruch... Und warum sollte man nicht entscheiden dürfen, mit wem man zusammen leben will?

Das Theater der Jugend bezieht sich mit »Julians Entscheidung« auf einen authentischen Fall aus Amerika, der vor einigen Jahren für Schlagzeilen sorgte.

Übrigens: Der amerikanische Junge wurde rechtens von seinen leiblichen Eltern geschieden...

Besetzung

Julian Patrick Güldenberg
Stefan Sebastian Eckhardt
Miriam Daniela Dadieu
Max Lorentini Manfred Stella
Conny Katharina Kwaschik
Stella Michaela Kaspar
Regie Folke Braband
Bühnenbild, Kostüme und Lichtkonzept Stephan Dietrich
Dramaturgie Gerald Maria Bauer / Marlene Schneider
Assistenz und Inspizienz Ferdinand Klauser

Kritiken

Kronen Zeitung – 01.05.2003

Ein Filius sucht das kleine Glück!

Die heile Welt einer Bilderbuchfamilie gerät aus den Fugen: Mit der Uraufführung von Michaela Ronzonis »Juniors EntScheidung« spürt das Theater der Jugend im Zentrum wahren Begebenheiten nach. Prädikat: Empfehlenswert -- und das nicht nur für Kinder, sondern auch für karrieresüchtige Erziehungsberechtigte!

Julian, der Junior; hat alles, bekommt alles! Denn er wird mit großzügigen Geschenken abgespeist und bekommt jeden erdenklichen Freiraum, um den nach Erfolg und »Erfüllung« strebenden Eltern nicht im Weg zu stehen. Aber links liegen gelassen fühlt sich der Junge, der mit der Mikrowelle spricht, trotzdem... Michaela Ronzonis Stück erzählt das alles in kurzer Szenenfolge, erzählt vom Ausbruch des Vierzehnjährigen aus seiner - noch kindlichen - Welt, in der Lieblosigkeit, Einsamkeit, Vernachlässigung herrschen. Ohne Schnörkel, ohne sprachliche Banalitäten.

Der Filius reicht die Scheidung von den Eltern ein und möchte in eine neue Lebensgemeinschaft --am besten bei Freundin Conny und ihrem allein erziehenden Papa: Regisseur Folke Braband geht der Geschichte von einer Suche nach einem neuen, kleinen Glück ohne theatralische Umwege nach. Klar, knapp, ja beinahe sachlich präsentiert er im rasch verwandelbaren Bühnenbild von Stephan Dietrich den inneren und äußeren Kampf von Julian.

Patrick Güldenberg im jugendlichen »Outfit« zeigt als Julian all die Täume und Wünsche eines Wohlstandskindes, das alles hat, nur nicht Liebe: Und er will beachtet werden. Überzeugend schafft er die Spannung zwischen Kind-Sein und Erwachsenwerden, zwischen verspieltem Dasein und beginnender Pubertät.

Keinen Moment Sympathieträger bei den Kindern im Theater sind Sebastian Eckhardt (Stefan) und Daniela Dadieu (Miriam), die Erzeuger des Knaben. Sie werden beim drohenden Zerfall der Familie zu tragikomischen Figuren. Und doch könnte ihr gespieltes Handeln vor allem auch den Großen die Augen öffnen.

Katharina Kwaschik als lustige Conny, Manfred Stella als Max und Michaela Kaspar als Stella als schicke, aber menschliche Geliebte des Vaters, sind positive Typen von heute.

Thomas Gabler


Der Standard – 02.05.2003

Blues der Wohlstandskinder

Im Idealfall funktionieren die Stücke der Wienerin Michaela Ronzoni (41) wie stinknormale Kleiderbäume: Man hängt an ihnen Thesen aus dem Alltagsleben auf. Man prüft sodann eingehend, ob sich die Gabeln unter der Traglast nicht verbiegen.

Und siehe da: Ronzonis Jugendlichenstück Juniors Entscheidung, soeben vom Theater der Jugend in der Zweigstelle Liliengasse uraufgeführt, hält auch dem Druck erbarmungswürdiger Klischees stand - ein gusseisernes Werk, den elfjährigen Zuschauern unmittelbar einsichtig (»Mutti, sind Erwachsene wirklich so doof?«).

Der 14-jährige Julian (Patrick Güldenberg) leidet rechtschaffen unter der Sprachlosigkeit seiner Eltern - deren bis auf den Nullpunkt ausgekühlte Ehe seltsame Blüten der Permissivität treibt.

Regisseur Folke Braband umhüllt die Schauspieler mit einem Trauerrand: Das Wohlleben schafft Trübsalbläser. Trotz Eminem-Rap - ein heilignüchterner Blues.

Ronald Pohl


Der neue Samstag – 17.05.2003

Am bemerkenswertesten schien mir die neueste Premiere des Theaters der Jugend im Theater im Zentrum. »Juniors Entscheidung« schildert das leider geläufige Schicksal eines Jungen, dem reiche Eltern zwar materiell jeden Wunsch erfüllen, ihn sonst aber mit seinen Problemen allein lassen und ihr eigenes egoistisches Leben führen. Julian will sich von diesen Eltern scheiden lassen.

Michaela Ronzoni hat eine wirkliche Situation aus den USA souverän szenisch umgesetzt und blendende Dialoge geschrieben. Folke Braband hat glaubwürdig und packend inszeniert, der junge Patrick Güldenberg brilliert als Julian an der Spitze eines erstrangigen Ensembles.

Volkmar Parschalk


Wiener Zeitung – 02.05.2003

Verwöhnt und vernachlässigt

Die Wienerin Michaela Ronzoni, der 1996 mit ihrem Stück »610 Bedford Drive« der Durchbruch gelang, hat mit »Juniors Entscheidung« ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen: die Kommunikationslosigkeit unserer Zeit, die sich für Kinder und Jugendliche besonders katastrophal auswirkt. Das Theater der Jugend bringt hier im Theater im Zentrum ein Stück, das sich nicht nur Jugendliche, sondern vor allem auch die Eltern ansehen sollten.

Und es wird ihnen nicht nur viel zum Grübeln, sondern auch eine hervorragende Aufführung geboten (Regie: Folke Braband, Ausstattung: Stephan Dietrich), Patrick Güldenberg ist geradezu atemberaubend als Julian, Katharina Kwaschik bezaubernd als Conny. Ganz ausgezeichnet das Elternpaar: Daniela Dadieu und Sebastian Eckhardt. Michaela Kaspar und Manfred Stella profilieren ihre Rollen gekonnt.

Lona Chernel


Kurier – 01.05.2003

Familiäres Horrorszenario mit vielen Klischees

Julian ist 14 und hat eigentlich alles, was man als Teenager zum Leben braucht: Vom DVD-Player über das Handy, vom Golf-Unterricht bis zum Computer - materiell bleiben keine Wünsche offen. Dumm nur, dass Julians Eltern ihren Sohn so gar nicht zur Kenntnis nehmen und dass Gespräche mit der Mikrowelle ziemlich monoton verlaufen.

So kann es nicht weitergehen, und Julian reicht offiziell die Scheidung von seinen Eltern ein. Fängt damit ein besseres Leben an? In ihrem neuen Stück »Juniors Entscheidung« lässt Autorin Michaela Ronzoni diese Frage offen und widmet sich für das Theater der Jugend lieber dem familiären Horrorszenario.

Es ist das Verdienst der Regie, dass diese Ansammlung an Leid und Tragik recht rasant abläuft, dass alle Darsteller auch über etliche Platitüden (aufgepasst: »Eine Bankomatkarte ist im Leben nicht alles«) hinweg kommen.

Denn Folke Braband und sein Team sind immer wieder um echte Tiefenschärfe bemüht, lassen ihrem sicheren Ensemble Raum für spielerische Entfaltung. Einige Plattheiten bleiben. Aber manchmal kann das Leben ja genauso banal sein, wie Ronzonis Mahnungen.


Peter Jarolin


Bilder